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«Bundestrojaner» in der Schweiz

14. Oktober 2011

Deutsche Spionagesoftware wurde auch in der Schweiz eingesetzt

Anfang Oktober 2011 hat der Chaos Computer Club (CCC) bekannt gegeben, dass er einen «Staatstrojaner», welcher in Bayern eingesetzt wurde, geknackt habe. Diese staatliche Überwachungs- und Spionagesoftware wird bei Ermittlungsverfahren eingesetzt. Die Software kann, ohne dass die Nutzer und Eigentümer des Computers etwas davon mitbekommen, neue beliebige Überwachungssoftware auf einem einmal infiltrierten Computer nachladen.

Eine Woche später, am 14. Oktober 2011, hat das Justizdepartement EJPD bestätigt, dass auch in der Schweiz mindestens 6 Mal (4 Mal von der Bundesanwaltschaft, je 1 Mal in der Waadt und in Zürich) ein Trojaner von Strafverfolgungsbehörden eingesetzt wurde, obwohl es in der Schweiz, im Gegensatz zu Deutschland, keine gesetzliche Grundlage dafür gibt.

Im Frühjahr 2010 hat der Bundesrat zwar eine Revision des Bundesgesetzes zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) in Vernehmlassung geschickt, welche des Einsatz von Spionagesoftware vorsieht. Dieses Vorhaben stiess auf grosse Ablehnung, und obwohl die Vernehmlassung seit über einem Jahr abgeschlossen ist, gibt es noch nicht einmal einen Bericht dazu.

Dafür will der Bundesrat mit einer Revision der Verordnung zum Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF) Antennensuchläufe (das sind Rasterfahndungen) ermöglichen.

Das der Einsatz von Trojanern und Antennensuchläufen im Gesetz resp. in der Verordnung festgeschrieben werden soll beweist, dass deren Einsatz zur Zeit nicht rechtmässig, d. h. illegal ist. Einmal mehr sind es die Strafverfolgungsbehörden, welche sich am wenigsten an Gesetze halten.

Die Bundesanwaltschaft hat einen «Bundestrojaner» auch gegen Andrea Stauffacher und ihre Mitangeklagte eingesetzt. Das Bundesstrafgericht wird das Urteil am 8. November 2011 verkünden. Sollte es zu einem Schuldspruch kommen, steht einer sofortigen höchstrichterlichen Prüfung der Rechtmässigkeit des Einsatzes von Schadsoftware nichts mehr im Wege.

Bisher wurden nur Windows-Versionen (32 Bit) festgestellt. Wer ein 32-Bit Windows verwendet, sollte auf dem eigenen Rechner nach "mfc42ul.dll" und "winsys32.sys" suchen (Achtung: nicht verwechseln mit win32.sys).

Anfang November 2011 wurde bekannt, dass die waadtländer Polizei an der Fachhochschule Trojaner für Mobiltelefone entwickeln lässt. Inhalte von Gesprächen, SMS und Standortdaten sollen erhoben werden. Mehrere Firmen verkaufen schon Software, welche z. B. Späh-Software per iTunes installiert.

Am 11. November hat die Rechtskommission des Nationalrats beschlossen, vom Bundesrat Auskunft über die Rechtmässigkeit von Spionagesoftware zu verlangen. Am 23. November 2011 liess der Bundesrat verlauten, dass er eine Botschaft zur Anpassung der Strafprozessordnung und des BÜPF ausarbeiten will. Der Einsatz der sogenannten «Staatstrojaner», neu als Government Software oder GovWare verniedlicht, soll aber auf die Überwachung von Internet-Telefonie und E-Mail beschränkt werden.

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zuletzt aktualisiert: 3. Januar 2012