RESOLUTION der Mitgliederversammlung vom 18. Mai 2017 in Zürich
grundrechte.ch verlangt vom Bundesrat die sofortige Sistierung der für September 2017 geplanten Inkraftsetzung des neuen Nachrichtendienst-Gesetzes NDG, bis die Spionage-Affäre um Daniel M., UBS, Nachrichtendienste und Bundesanwaltschaft restlos aufgeklärt ist. Dabei muss insbesondere die mögliche Befangenheit der GPDel und ein Ersatz durch eine andere parlamentarische Kommission geprüft werden.
Mit dem Einsatz von Daniel M. als verdeckten Ermittler hat der NDB seine derzeit geltenden rechtlichen Kompetenzen - mit Wissen des Bundesrats und der GPDel - und trotz eines eindeutigen Rechtsgutachtens des Bundesamtes für Justiz klar überschritten. Das bis heute geltende Staatsschutz-Gesetz (BWIS) erlaubt es dem Nachrichtendienst lediglich, InformantInnen, die dem Dienst Erkenntnisse mitteilen, zu bezahlen und sie allenfalls mit einer Tarnidentität auszustatten. Einen bezahlten Auftrag für verdeckte Ermittlungen zu tätigen (egal von wem aus die Initiative gekommen ist) und gar einen "Maulwurf" (im Ausland) zu installieren wäre erst mit dem neuen NDG möglich. Diese Kompetenzüberschreitung muss für den NDB Konsequenzen haben!
Zahlreiche ExpertInnen haben wiederholt - und leider ungehört - die mit dem NDG vorprogrammierten Kompetenzkonflikte zwischen dem NDB und den Strafverfolgungsbehörden kritisiert. Es ist daher höchste Zeit, diese Bedenken ernst zu nehmen und das NDG sowie die dazu gehörenden Verordnungen entsprechend nachzubessern: Unter anderem muss der Einsatz von verdeckten Ermittlern, wenn überhaupt, genehmigungspflichtig und unter strenge Kontrolle der Aufsichtsorgane gestellt werden. Und es muss sichergestellt werden, dass dem NDB keine weiteren Befugnisse erteilt werden (wie etwa Wirtschaftsspionage).
Die Affäre zeigt einmal mehr deutlich auf, dass die parlamentarische Kontrolle völlig ungenügend ist und sich der NDB an sämtlichen Kontrollinstanzen vorbeischleichen kann. Auch die mit dem neuen NDG vorgesehene sogenannte unabhängige Aufsichtsbehörde (Art. 76 NDG) wird nicht in der Lage sein, mehr Licht ins Dunkel zu bringen, zumal der Chefposten von einem Ex-Geheimdienstmann besetzt worden ist. Die Behörde ist administrativ dem VBS unterstellt, also derjenigen Instanz, die auch für den Geheimdienst verantwortlich zeichnet. Ihre Prüfungsresultate und Empfehlungen muss sie lediglich dem VBS unterbreiten, und nicht etwa dem Parlament und dessen Kontrollorganen.
Auch hier braucht es im NDG zwingend Nachbesserungen: Die neue Aufsichtsbehörde muss einem Departement unterstellt werden, welches nicht in geheimdienstliche oder bundespolizeiliche Aufgaben verwickelt ist. Und die bestehende GPDel muss mit mehr Kompetenzen und Ressourcen ausgestattet werden, damit sie - als quasi ständige PUK - jederzeit in der Lage ist, dem Geheimdienst auf die Finger zu schauen und zu intervenieren.
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