Amnesty International, Schweizer Sektion – Demokratische Juristinnen und Juristen Schweiz – grundrechte.ch – Humanrights.ch/MERS – Schweizerische Flüchtlingshilfe – Solidarité sans frontières
Bern, 14 März 2008
Vor der Abstimmung vom kommenden Dienstag haben sich heute sechs Organisationen mit der Aufforderung an den Ständerat gewandt, den Vorschlag der Einigungskommission zum Zwangsanwendungsgesetz abzulehnen. Die Organisationen ziehen es vor, auf dieses Gesetz zu verzichten, das sie zwar anfänglich unterstützt haben, das aber in der jetzigen Form ihren Erwartungen nicht mehr entspricht.
Amnesty International, Demokratische Juristinnen- und Juristen der Schweiz, grundrechte.ch, Humanrights. ch/MERS, die Schweizerische Flüchtlingshilfe und Solidarité sans frontières haben sich heute in einem Brief an Ständerätinnen und Ständeräte äusserst besorgt gezeigt über den Entscheid der Einigungskommission der Bundesversammlung, sich der Position des Nationalrats anzuschliessen und den Einsatz von Elektroschockwaffen («Taser») im Rahmen des Zwangsanwendungsgesetzes (ZAG) zu bewilligen. In Übereinstimmung mit ihrer in den letzten Monaten vertretenen Haltung gegen einen «Taser»-Einsatz, ziehen es diese Organisationen heute vor, auf ein Gesetz zu verzichten, dass sie zwar anfänglich unterstützt haben, das aber heute ihre Erwartungen nicht mehr erfüllt.
Das Parlament muss sich darüber im Klaren sein, dass dieser Entscheid eine besonders aufmerksame Prüfung verdient und das Sorgfaltsprinzip unter allen Umständen respektiert werden muss. Bis heute liegt keine unabhängige und umfassende Untersuchung über die gesundheitlichen Folgen eines «Taser»-Einsatzes vor. Aufgrund des heutigen Wissensstandes kann niemand ernsthaft behaupten, dass der «Taser» für Personen, gegen die er eingesetzt wird, kein Risiko darstelle.
Das Gesetz enthält zweifellos einige positive Punkte, wie beispielsweise das Verbot, Methoden anzuwenden, die die Atemwege beeinträchtigen könnten oder klare Vorschriften bezüglich Leibesvisitationen. Es macht aber nichts anderes, als Verbote formal einzuführen, die in den Kantonen bereits weitgehend in Kraft sind. Deshalb ist das ZAG nicht unbedingt nötig.
Es ist dies umso weniger, als – einmal abgesehen von der «Taser»-Frage – von den unterzeichnenden Organisationen gegen zahlreiche andere Punkte grosse Vorbehalte bestehen. Es geht dabei um die Möglichkeit, Aufgaben bei denen Zwang angewendet werden muss, an Private zu delegieren, um das Fehlen eines formellen Folterverbots, um das Fehlen eines von unabhängigen MenschenrechtsbeobachterInnen durchgeführten Monitorings bei Zwangsausschaffungen (wie es das Antifolterkomitee des Europarats, CPT, fordert), um die Möglichkeit, Zwangsmassnahmen gegen Kinder anzuwenden (mit dem Risiko, die Uno-Kinderrechtskonvention zu verletzen), um die Möglichkeit, bei Zwangsausschaffungen Schusswaffen, Fesseln und Diensthunde einzusetzen oder auch um das Fehlen einer unabhängigen Beschwerdeinstanz bei Missbräuchen.
Die unterzeichnenden Organisationen fordern die Ständerätinnen und Ständeräte, die die Aufnahme des «Tasers» in das ZAG bereits drei mal mit grosser Mehrheit abgelehnt haben, eindringlich auf, entschieden und in Übereinstimmung mit ihrer bisherigen Position ein Gesetz abzulehnen, bei dem die Gesundheit oder gar das Leben von Menschen aufs Spiel gesetzt wird.
Kontakt für die Medien:
Amnesty International – Schweizer Sektion: Jürg Keller, 079 379 80 37
Demokratische Juristinnen und Juristen Schweiz: Catherine Weber, 031 312 83 34
grundrechte.ch: Viktor Györffy, 044 240 20 55
Humanrights.ch/MERS: Alex Sutter, 031 302 01 61
Schweizerische Flüchtlingshilfe: Susanne Bolz, 031 370 75 38 oder 076 576 00 63
Solidarité sans frontières: Balthasar Glättli: 031 311 07 70 oder 076 334 33 66
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