fedpol stiftet Verwirrung

19. Februar 2009

Das Bundesamt für Polizei (fedpol) hat am 18. Februar 2009 in einer Medienmitteilung behauptet, dass Identitätskarten weiterhin ohne Datenchip abgegeben würden.

grundrechte.ch stellt klar, dass der vom Parlament verabschiedete Bundesbeschluss sehr wohl auch ID-Karten mit biometrischen Daten (Chip) beinhaltet. Das Gesetz bezieht sich grundsätzlich auf Ausweise, das sind nach der Systematik des Ausweisgesetzes sowohl Reisepässe als auch ID-Karten.

Für grundrechte.ch ist offensichtlich, dass das fedpol zur Kenntnis genommen hat, dass ein grosser Teil der Bevölkerung keine Lust auf eine flächendeckende biometrische Fichierung verspürt und sich die Wahlfreiheit offen halten will. Mit seiner Stellungnahme versucht das fedpol nun Verwirrung zu stiften und masst sich eine höchst eigenwillige Interpretation des Bundesbeschlusses an.

Am 12. März 2008 deklarierte Bundesrätin Widmer-Schlumpf im Nationalrat unmissverständlich, dass «... aus Sicherheitsüberlegungen zu einem späteren Zeitpunkt auch die Identitätskarte grundsätzlich mit biometrischen Daten versehen würde.»

Von allem Anfang an hatte der Bundesrat vor, alle Ausweise mit biometrischen Daten auszustatten. Bereits in der Botschaft hiess es, «laut dem neuen Absatz 2bis können alle Ausweise ein digitalisiertes Gesichtsbild und die Fingerabdrücke der Inhaberin oder des Inhabers als zusätzliche biometrische Merkmale enthalten». Und in den Übergangsbestimmungen des Bundesbeschlusses (07.039) heisst es ausdrücklich: «Identitätskarten ohne Datenchip können im Inland nach dem Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung noch während längstens zwei Jahre wie bisher in den Wohnsitzgemeinden beantragt werden.» Danach werden also ID-Karten nicht mehr von den Gemeinden vergeben, sondern von den «enrollment-centers» der Kantone, in denen auch die biometrischen Pässe ausgestellt werden. Eine Beantragung in diesen Zentren wäre nicht nötig, wenn es sich wie bisher um «normale» IDs handeln würde.

Um die Wahlfreiheit gesetzlich abzusichern, hatte der Nationalrat im März 2008 einen Zusatz beschlossen, wonach explizit künftig zeitlich unbeschränkt weiterhin ID-Karten ohne biometrische Daten erhältlich sein müssen: «Alle Schweizer Staatsangehörigen haben in jedem Fall Anspruch auf eine herkömmliche, nichtbiometrische ID-Karte ohne Chip.» In der Differenzbereinigung beugte sich der Nationalrat leider dem Druck von Bundesrat und Verwaltung: Der freisinnige Kommissionssprecher Hiltpold erklärte in der Debatte vom 5. Juni 2008 französisch und deutlich : „…la commission a soutenu …le principe général d’enregistrer des données biométriques sur les passeports et sur les cartes d´ídentités.»

grundrechte.ch hält fest, dass die Einführung biometrischer ID-Karten nicht von der EU gefordert wurde und wird. Das Parlament ist mit seinem Beschluss weit über die Schengener Zielvorgabe hinausgeschossen: Die EU kann die Einführung biometrischer ID-Karten gar nicht fordern, sie hat dazu definitiv nicht die Kompetenz. Anders als bei den Pässen liegt die Gestaltung der ID-Karten bzw. Personalausweise einzig und allein bei den Mitgliedstaaten. Auch in Zukunft bleibt die ID-Karte ohne biometrische Daten als Dokument zur Reise im EU- und Schengenraum ausreichend. Ein NEIN am 17. Mai ist daher in erster Linie ein Bekenntnis für die informationelle Selbstbestimmung und schränkt entgegen aller Behauptungen in keiner Art und Weise die Reisefreiheit der Schweizer Bürgerinnen und Bürger ein.

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Anlässlich des «Hintergrundgesprächs» vom 26. Februar 2009 krebste fedpol zurück und liess verlauten, dass «vielleicht eine ID mit Chip» eingeführt werde.

Webseite biopass-nein.ch

Auch der Bundesrat behauptet in der Antwort vom 18. Februar 2009 auf eine Anfrage aus dem Nationalrat, dass das Schengen-Abkommen gekündigt würde und die visumfreie Einreise in die USA nicht mehr möglich sei, wenn die Vorlage am 17.Mai 2009 agbelehnt würde. Beide Aussagen sind falsch.

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