Beträchtlicher Beifang: Bei Ermittlungen wegen Kinderpornografie auf den Servern von Freedom Hosting hat das FBI offenbar umfangreiche Datenbestände beschlagnahmt, die mit dem Fall nichts zu tun hatten. Die Ermittler werten zum Beispiel E-Mails des einst als anonym geltenden Dienstleisters Tor Mail aus.
Bis zur Einstellung Anfang August galt Tor Mail als vergleichsweise sicherer E-Mail-Dienst: Das Webmail-Angebot war nur über das Anonymisierungs-Netzwerk Tor zu erreichen, Nutzer konnten ohne Identifikation Postfächer anlegen. Mittlerweile zeichnet sich allerdings ab, dass auch Tor Mail keinen Schutz vor Strafverfolgung garantiert. Wie "Wired" berichtet, spricht einiges dafür, dass das FBI vergangenen Jahr umfangreiche Datenbestände des Webmailers beschlagnahmt hat, mehr oder weniger beiläufig im Zuge von Ermittlungen gegen den Webhosting-Dienst Freedom Hosting.
Darauf, dass die Tor-Mail-Daten seitdem für weitere Ermittlungen herangezogen werden, deutet ein aktueller Fall mutmasslichen Kreditkartenbetrugs hin. Laut Anklageschrift ist das FBI im Laufe seiner Ermittlungen gegen einen der Verdächtigen auf eine Tor-Mail-Adresse gestossen, über die der Mann augenscheinlich den Verkauf gefälschter Kreditkarten abwickelte. Daraufhin besorgten sich die Beamten einen Durchsuchungsbeschluss.
Dieser Beschluss liess sich anscheinend unkompliziert umsetzen: In der Anklageschrift heisst es, im Zuge eines "in keinem Zusammenhang stehenden Ermittlungsverfahrens" seien die Daten eines Servers beschlagnahmt worden, der Tor-Mail-Daten beherbergte - darunter auch über tausend Bestell-E-Mails, die an den mutmasslichen Kreditkartenbetrüger adressiert waren.
An besagte Serverdaten sollen die Beamten zwischen dem 22. Juli und dem 2. August 2013 gelangt sein, also wenige Tage bevor der mutmassliche Gründer von Freedom Hosting verhaftet wurde. Freedom Hosting war unter anderem dafür bekannt, Speicherplatz für Kinderpornografie zur Verfügung zu stellen. Zeitweilig nutzte das FBI die Wartungsseiten von Freedom Hosting, um durch Malware-Attacken Nutzer des Tor-Netzwerks zu identifizieren.
Ähnliche Haltung wie die NSA
Besitzt das FBI umfangreiche Tor-Mail-Datenbestände, ist es wahrscheinlich, dass auf diese auch bei weiteren Ermittlungsverfahren zugegriffen wird. "Die Vorgehensweise legt nahe, dass das FBI sich dem Zeitalter von Big Data mit einer NSA-ähnlichen 'Alles sammeln'-Haltung anpasst", kommentiert "Wired". "Informationen werden in einem virtuellen Schliessfach gesammelt und dort gelassen, bis später die spezifische Befugnis da ist, sie anzurühren." Das FBI sei durch seine Kopie der Serverdaten in der Lage, endlos viele Durchsuchungsbefehle in die Tat umzusetzen - bei einem Mailservice, der einst damit prahlte, immun gegen das Ausspähen zu sein.
Immer mehr Kameras im Öffentlichen Verkehr
Antennensuchlauf: Neues Hobby von Staatsanwälten
Nachrichtendienst verletzt Fernmeldegeheimnis
Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)
jetzt spenden!