J. Büchi, 20 Minuten
Politiker kritisieren den geplanten Datendeal von IBM und Apple. Die Smartphone-Nutzer müssten besser geschützt und für ihre Daten entschädigt werden.
Jean Christophe Schwaab ist entsetzt: «Die Datenschutz-Problematik hat eine neue, erschreckende Dimension erreicht.» Der SP-Nationalrat spricht von den Plänen des IT-Dienstleisters IBM, die Gesundheitsdaten von Apple-Nutzern zu verkaufen. IBM hat angekündigt, zu diesem Zweck eine Firma mit 2000 Mitarbeitern zu gründen. Die Daten von Millionen Apple-Geräten sollen gesammelt, verknüpft und Gesundheitskonzernen wie beispielsweise Johnson & Johnson oder Medtronic angeboten werden.
Schwaab, der sich im Parlament für eine Verschärfung des Schweizer Datenschutzgesetzes einsetzt, kritisiert: «Es geht hier um hochsensible Daten, die leicht missbraucht werden können.» Dies befürchtet auch Rechtsanwalt Viktor Györffy, Präsident der Organisation grundrechte.ch. «Die Daten, die ein Nutzer generiert, könnten am Schluss gegen ihn verwendet werden.»
«Kranke Versicherte werden ausgeschlossen»
Sehe eine Krankenkasse beispielsweise, dass sich ein Versicherter zu wenig bewegt oder ein bestimmtes Gesundheitsproblem hat, könnte sie ihn von bestimmten Zusatzversicherungen ausschliessen oder die Police massiv verteuern. «Besonders problematisch ist es, wenn diese Daten dann auch noch mit anderen Informationen über die Person verknüpft werden – wie zum Beispiel mit dem elektronischen Patientendossier.»
Dass die Apple-Daten von IBM anonymisiert weitergegeben werden sollen, beruhigt Györffy nicht. Die Daten würden auch nach der angeblichen Anonymisierung noch in einer Form vorliegen, in der Rückschlüsse auf die eigene Person möglich seien. «Wenn man die Daten so stark anonymisiert, dass solche Rückschlüsse nicht möglich sind, sind sie für die Gesundheitskonzerne gar nicht mehr brauchbar.»
Nutzer sollen Geld bekommen
Beim Geschäft mit den Daten geht es um Hunderte Millionen. Nicht umsonst werden sie auch als das «neue Erdöl» bezeichnet. «Wenn sich Apple und IBM schon eine goldene Nase verdienen, müssten die Nutzer wenigstens etwas von dem Geld erhalten», fordert SP-Nationalrat Schwaab deshalb. Auf jeden Fall müsse der Eigentümer eines Geräts auch das Recht haben, eine Datenweitergabe zu verweigern.
Im Dezember hat der Nationalrat ein Postulat des SP-Politikers mit genau dieser Forderung angenommen. Schwaab sagt, es sei wichtig, dass der Bundesrat in diesem Punkt nun vorwärtsmache. «In einer Zeit, in der selbst Alltagsgeräte wie Haushaltsgeräte und Fahrzeuge Daten sammeln, ist eine solche Regelung zwingend nötig.» Weiter fordert der SP-Mann harte Sanktionsmöglichkeiten, wenn eine Firma das Datenschutzgesetz verletzt.
«Kein Handlungsbedarf»
Auch SVP-Nationalrat Lukas Reimann findet es «beunruhigend», welches Ausmass der Datenhandel erreicht hat. Er sagt jedoch: «Die Leute müssen selber wissen, welche Apps sie installieren und welcher Datennutzung sie zustimmen.» Er würde die Unternehmen nicht zwingen, die mit den Daten erwirtschafteten Gewinne weiterzugeben. «Das wäre ein zu grosser Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit.» Solange die Nutzer die Möglichkeit hätten, eine Weitergabe der Daten abzulehnen, sehe er auch sonst keinen politischen Handlungsbedarf.
Rechtsanwalt Györffy hält dagegen, eine Verschärfung des Datenschutzgesetzes sei zwingend nötig. Schon heute sei der Druck gross, seine Privatsphäre preiszugeben, damit man eine bestimmte App oder ein Gerät nutzen kann. «Wenn wir dieser Entwicklung keinen Riegel schieben, verlangt bald jeder Versicherer und jeder Arbeitgeber Einsicht in die persönlichen Daten.»
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