Ab 2013 kann man Notfalldaten und den Hinweis auf eine Patientenverfügung auf der Versichertenkarte anbringen. Doch herrscht Skepsis bei Ärzten, erst wenige können die Daten lesen.
Eine Neuerung, die vorläufig viele nicht werden nutzen können, tritt am 1. Januar in Kraft. Es handelt sich um die Versichertenkarten mit dem goldenen Chip. Einige Krankenversicherungen geben diese Karten mit Chip zwar bereits seit ein, zwei Jahren an die Versicherten ab. Doch erst seit vergangenem Oktober kann der Chip bespielt werden. Das heisst, es können die Notfalldaten wie Blutgruppe, wichtige Medikamente, Allergien usw. auf dem Chip abgespeichert werden. Beschreiben können ihn prinzipiell nur die Ärzte. Neu kann auf dem Chip auch der Hinweis vermerkt werden, dass eine Patientenverfügung besteht und wo diese zur Aufbewahrung hinterlegt wurde.
Ob man die Möglichkeiten des Chips nutzen will, ist jedem selbst überlassen. Die Freiwilligkeit gilt für Versicherte wie Ärzte. Davon geht jedenfalls die Verbindung der Schweizer Ärzte (FMH) aus. Die Reform des Erwachsenenschutzrechtes, die ab 1. Januar gilt, schreibt jedoch vor, dass der behandelnde Arzt bei einem urteilsunfähigen Patienten anhand der Versichertenkarte abzuklären hat, ob eine Patientenverfügung vorliegt. Das setzt voraus, dass der Arzt den Chip lesen kann, was bedeutet, dass er ein Lesegerät besitzen muss. Die Anschaffung zweier solcher Geräte inklusive Software kostet eine Einzelpraxis laut Santésuisse-Sprecherin Silvia Schütz rund 500 Franken.
Es bestehen aber weitere Unklarheiten im Zusammenhang mit der Einführung der Versichertenkarte mit elektronischem Chip. So werden die im Dachverband der Krankenversicherer Santésuisse versammelten Versicherungen ein von ihnen in Auftrag gegebenes System verwenden und die grösste Versicherungsgruppe Helsana ein anderes, das von der Post entwickelt wurde.
Die Ärzteschaft wiederum will sich über die von der FMH ausgegebene Health-Professional-Card (HPC) authentifizieren und die medizinischen Daten auf dem Chip verwalten können, wie FMH-Vorstands-Mitglied Urs Stoffel unterstreicht. Dies ist nur mit dem vom Bund festgelegten System der Helsana machbar. Das System von Santésuisse verlangt ein zusätzliches Zertifikat zur Erkennung des Arztes, das die Versicherer an die Ärzte abgeben. Gegen eine solche Abhängigkeit von den Versicherern wehren sich die Ärzte. Der Präsident der Hausärzte Schweiz, Marc Müller, meinte zudem in der Zeitschrift «Beobachter», dass bis jetzt nur 15 Prozent der Hausärzte elektronische Krankengeschichten führten. Er betrachtet es als Illusion, dass die Hausärzte ab 2013 generell in der Lage sein würden, die Versichertenkarten zu beschreiben. Laut Schütz sind die anfänglichen Schwierigkeiten zwischen den beiden Versichertenkarten inzwischen aber behoben. Alle Karten seien heute kompatibel.
Angesichts dieser Ausgangslage ist zu befürchten, dass die elektronische Versichertenkarte vorerst zwar ausgegeben wird, aber kaum Verwendung finden wird. Schütz verweist auf die Nützlichkeit der Informationen der Versichertenkarte. Gerade im Falle eines Notfalles lasse sich Zeit gewinnen. Stoffel dagegen kann der Karte wenig Nutzen abgewinnen. Es sei nicht garantiert, dass die Daten stets nachgeführt seien, meint er. Habe ein Patient die Karte beispielsweise bei einem Arztbesuch nicht bei sich, können wichtige Änderungen etwa bei der Medikation darauf fehlen. Die Garantie der Nachführung sei zur Sicherheit des Patienten aber unabdingbar. Nur dann könne sich der Arzt auf die Angaben verlassen. Auch der Hinweis auf das Vorhandensein einer Patientenverfügung allein helfe im Notfall wenig weiter.
Stoffel erachtet die Einführung des elektronischen Patientendossiers für weit wichtiger. Denn dieses würde jedem berechtigten Arzt jederzeit den direkten Zugriff auf alle wichtigen Patientendaten garantieren. Die Gesetzesvorlage dazu gelangt voraussichtlich im Frühling ins Parlament. Der Weg über die Versichertenkarte mit goldenem Chip ist für Stoffel ein unnötiger Umweg ohne grossen Nutzen.
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