Der Hockeyklub Lausanne sperrt die Gästefans in eine Art Hochsicherheitstrakt und wird von anderen Klubs hart kritisiert.
Othmar von Matt,«Schweiz am Sonntag»
Was er in der Lausanner Patinoire de Malley sah, entsetzte selbst ihn, den langjährigen Profi im Eishockeygeschäft. Wie der Lausanne HC die Gästefans behandle, grenze «an Aussetzung», sagt Peter Zahner, CEO der ZSC Lions. «Der Gästesektor gleicht dem Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses.»
Zahner war vor Ort, und er schildert diesen Hochsicherheitstrakt minuziös. «Der Car mit den Gästefans kommt auf ein Areal, das geschlossen wird und das niemand verlassen kann», erzählt er. «Die Gästefans werden mit einem extrem hohen, engmaschigen Zaun abgeschottet, müssen durch zwei Schleusen. Bei der ersten wird durchsucht, bei der zweiten fotografiert. Der Sektor selbst ist mit doppelten Netzen gesichert, sodass man das Eisfeld fast nicht mehr sieht.»
Es war der ZSC-CEO persönlich, der am 15. November eine Eskalation zwischen ZSC-Fans und Lausannes Sicherheitskräften verhinderte. Man habe den ZSC-Fans erst in letzter Minute mitgeteilt, dass sie in Lausanne neben der ID-Kontrolle auch fotografiert würden, schildert Sven Treichl auf dem ZSC-Blog die Ereignisse. «Die Zürcher Fans wollten unter diesen Umständen nicht mehr ins Stadion, sondern eben wieder raus. Sie wollten in die Stadt in Lausanne und dort im Pub den Match verfolgen», schreibt er. «Dagegen aber hatten die Lausanner Sicherheitsleute und die Polizei etwas, diese kesselten die Zürcher ein und beraubten sie deshalb wohl ihrer Freiheit. Ein Verlassen von Lausanne wäre nur per Car erlaubt gewesen und einer Polizeibegleitung bis zur Autobahn.» Dank Zahner willigte die Polizei ein, die ZSC-Fans ohne ID-Kontrolle und Fotos in den Gästesektor zu lassen.
Fast jeder Klub, der in Lausanne zu Gast ist, kehrt mit schlechten Erfahrungen nach Hause. «Ich kann unseren Fans nicht empfehlen, nach Lausanne zu reisen», sagt Daniel Villard, Geschäftsführer des EHC Biel. Der Gästesektor sei «wie ein Viehmarkt» gebaut. «Das ist tragisch.» Und Roger Sigg, Geschäftsführer der Rapperswil-Jona Lakers, betont: «Unsere Fans gehen nicht mehr nach Lausanne in diesen Hochsicherheitstrakt.»
Es sind die Fans des SC Bern, die in der Patinorie de Malley ein Symbol gesetzt haben. Sie betraten den Gästesektor in orangen Overalls – und demonstrierten damit publikumswirksam gegen das «Guantánamo» in Lausanne. Schlechte Erfahrungen machten auch elf Fans des HC Davos, die in Gelbblau nach Lausanne reisten. «Beim Gästeeingang kam der grosse Schock», schreiben sie online. «Ein riesiger Maschendrahtzaun mit Stacheldraht und Verzierung stand vor uns. Wir kamen uns vor wie auf Alcatraz.» Statt in den Sektor begaben sich die Fans ins Restaurant. Zum Bier. Nur hatten sie die Rechnung ohne Sicherheitskräfte gemacht. Gleich 14 Mann folgten ihnen. «Der Sicherheitschef von Lausanne hat dem Restaurant verboten, unsere Wünsche aufzunehmen», steht im Online-Report.
Peter Zahner wittert System hinter Lausannes Auftritt. «Auch in Freiburg geschieht Ähnliches», sagt er. «Man könnte zum Schluss kommen, dass die Klubs die Gästefans mit Hochsicherheitstrakts so lange vergraulen wollen, bis sie gar nicht mehr kommen.» Er spricht damit explizit die Westschweizer Klubs an. Daniel Villard wird noch deutlicher. «Ich habe den Eindruck, dass die Westschweizer Klubs längerfristig gar keine Auswärtsfans mehr wollen», sagt der Geschäftsführer des EHC Biel. «Es wäre ehrlicher, dies auch offen einzugestehen.» Was, indirekt, Gottérons Generaldirektor Raphaël Berger tut: «Je weniger Gästefans kommen, desto weniger Sicherheitsprobleme gibt es. Das ist 1:1 miteinander verbunden.»
Bei Lausanne selbst gibt man sich durchaus selbstkritisch. «Die Behörden wie auch die internen Sicherheitsverantwortlichen haben gesehen», sagt CEO Sacha Weibel, «dass sie dank dem guten Verhalten der meisten Gästefans ihr Aufgebot reduzieren konnten.» Und er gelobt Besserung. «Wir müssen den Sektor softer und angenehmer gestalten», hält er fest. «Wir ersetzen die Gitter im Gästeblock durch Plexiglas. Wir wollen die Restauration und die Toiletten verbessern. Und vielleicht können wir den Sektor auf 250 Plätze vergrössern.»
Keinen Handlungsbedarf sieht hingegen die Waadtländer Kantonspolizei. Die ZSC-Fans hätten «eine Form der Erpressung» ausgeübt und gedroht, die öffentliche Ordnung in Lausanne zu gefährden, sagt Kommunikationschef Jean-Christophe Sauterel. Die Massnahmen im Stadion seien «nicht sehr gastfreundlich», eine Minderheit mache sie aber erforderlich. «Das ist bedauerlich.»
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