Alle Ärzte, Apotheker, aber auch Hebammen und Chiropraktoren sollen künftig das elektronische Patientendossier anbieten. So will es der Nationalrat.
Patientendaten sollen künftig in einem elektronischen Dossier gespeichert werden können, darin sind sich die Räte einig. Bei den Mitmach-Pflichten gehen die Meinungen aber noch auseinander. Der Nationalrat hat sich am Mittwoch für strengere Regeln ausgesprochen.
Bundesrat und Ständerat wollen auf eine «doppelte Freiwilligkeit setzen. Demnach könnten sich sowohl Patienten als auch Ärzte und andere Leistungserbringer im ambulanten Bereich freiwillig für ein elektronisches Patientendossier entscheiden. Nur stationäre Einrichtungen wie Spitäler und Pflegeheime sollten ein elektronisches Dossier zwingend anbieten müssen.
Der Nationalrat will diese Vorschrift nun ausweiten und sämtliche Leistungserbringer im Gesundheitswesen zum mitmachen verpflichten. Alle Ärzte, Apotheker, aber auch Hebammen und Chiropraktoren müssten das elektronische Patientendossier anbieten. Wer sich weigert, müsste mit Sanktionen rechnen. Nur die Patienten sollen auch gemäss Nationalrat frei entscheiden können, ob sie eine Sammlung von Gesundheitsdaten anlegen wollen.
Übergangsfrist von 10 Jahren
«Das elektronische Patientendossier bringt nur etwas, wenn alle Leistungserbringer mitmachen», sagte Sebastian Frehner (SVP/BS) im Namen der vorberatenden Kommission. Um den Ärzten die Umstellung zu erleichtern, soll im ambulanten Bereich eine relativ lange Übergangsfrist von zehn Jahren eingefügt werden. Die ältere Ärztegeneration ist dann pensioniert, für die Jüngeren ist die Umstellung mit der längeren Frist zumutbar, zeigte sich eine Mehrheit der Nationalräte überzeugt.
Kritiker warnten vergebens, die Akzeptanz der Vorlage werde mit dem Beteiligungszwang gefährdet. Es drohe ein Referendum der Ärzteschaft, die Umsetzung werde verzögert. Gesundheitsminister Alain Berset sagte, es brauche keine Vorschriften, das elektronische Patientendossier werde sich ohnehin durchsetzen. Der Nationalrat stimmte der Änderung schliesslich mit 114 zu 62 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu.
Daten jederzeit verfügbar
Im Grundsatz war die Einführung des elektronischen Patientendossiers und die Rechtsgrundlage dazu auch in der grossen Kammer nicht umstritten. Nur vier Nationalräte stimmten dagegen.
Hauptvorteil ist, betonten mehrere Redner, dass sie medizinischen Daten so jederzeit und überall zur Verfügung stehen. So könne zum Beispiel verhindert werden, dass Untersuchungen doppelt durchgeführt werden - oder dass ein Arzt eine suboptimale Therapie verordnet, weil er nicht die ganze Krankengeschichte kennt. Mit dem neuen Erfassungssystem sollen Patienten künftig besser, sicherer und effizienter behandelt werden.
E-Health sei nur ein zeitgemässes Instrument
«Noch immer bearbeitet die Mehrheit der Ärzte Daten auf Papier, kommuniziert wird per Post oder Fax», sagte Ruth Humbel (CVP/AG). Eine reibungslose Kommunikation sei für die Qualität der Leistungen und die Patientensicherheit von zentraler Bedeutung.
Yvonne Gilli (Grüne/SG) warnte allerdings vor überhöhten Erwartungen. E-Health sei nichts mehr und nichts weniger als ein zeitgemässes Instrument der Datenbearbeitung. Über die Qualität und Effizienz dieses Instruments entschieden die Menschen, die das Instrument nutzten. «Mit 'copy/paste' können mindestens so viele Behandlungsfehler generiert wie eliminiert werden», sagte Gilli.
Bundesrat Alain Berset verwies darauf, dass die Einführung des elektronischen Patientendossiers in einigen Kantonen bereits weit fortgeschritten sei. Es sei höchste Zeit für ein Rahmengesetz auf Bundesebene. Auch müsse auf technischer Ebene sichergestellt werden, dass die Systeme miteinander kompatibel sind.
Patient legt Zugang fest
Mehrere Redner betonten, der Datenschutz sei sehr wichtig - und mit der Gesetzesvorlage gewährleistet. Vorgesehen ist, dass der Patient festlegen kann, welche Ärzte und andere Gesundheitsfachpersonen Zugriff auf die Daten erhalten. Der Patient selbst kann über das Dossier die eigenen medizinischen Daten abrufen. Krankenkassen und Arbeitgeber erhalten keinen Einblick.
Als Ergänzung fordert der Nationalrat, dass der Patient auch Informationen zu einer allfälligen Organspende und zur eigenen Patientenverfügung in sein Dossier einfügen kann.
30 Millionen Franken Starthilfe
Um die Einführung des elektronischen Patientendossiers voranzutreiben, soll der Bund finanzielle Anreize setzen können. Vorgesehen ist eine Finanzhilfe von 30 Millionen Franken über drei Jahre. Damit sollen der Aufbau und die Zertifizierung von Zusammenschlüssen aus Arztpraxen, Apotheken, Spitälern oder Spitexorganisationen unterstützt werden. Voraussetzung für die Zahlung des Bundes ist, dass die Kantone oder Dritte einen Beitrag in gleicher Höhe leisten.
Die Vorlage geht zurück an den Ständerat.
Immer mehr Kameras im Öffentlichen Verkehr
Antennensuchlauf: Neues Hobby von Staatsanwälten
Nachrichtendienst verletzt Fernmeldegeheimnis
Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)
jetzt spenden!