Alkohol nur noch in der VIP-Zone, Anreise im Extrazug oder -bus: Die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren haben Empfehlungen verabschiedet, wie das Hooligankonkordat umgesetzt werden soll. Im Visier haben sie vor allem Risikospiele.
«Wir sind überzeugt, dass wir mit unseren Empfehlungen richtig liegen», sagte der Berner Regierungsrat Hans-Jürg Käser, Präsident der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD).
Bereits im vergangenen Februar hatte die Konferenz vorgeschlagen, dass Fussball- und Eishockeyspiele der obersten Ligen ab kommendem Sommer bewilligungspflichtig sein müssen. Nun lieferte sie den Behörden Empfehlungen nach, wie die Bewilligungspflicht umgesetzt werden könnte.
Ausgearbeitet worden sind diese Vorschläge von einer breit abgestützten Koordinationsgruppe, der neben Behördenvertretern auch Vertreter von Transportunternehmen, Sportverbänden und Fanorganisationen angehören.
Kombitickets und Alkoholverbot
In der Nähe des Stadions und in allen Stadionsektoren soll künftig ein Alkoholverbot gelten. Im VIP-Bereich darf Alkohol hingegen weiterhin frei ausgeschenkt werden. Damit werde den wirtschaftlichen Interessen der Klubs und der Tatsache Rechnung getragen, dass von solchen Zonen noch nie eine Gefahr ausgegangen sei, hiess es an einer Medienkonferenz in Bern.
Die zweite wichtige Verschärfung betrifft die Anreise der Fans und das Ticketing. Die Bewilligungsbehörde soll nach Meinung der KKJPD festlegen dürfen, ob der Gästeklub für seinen Anhang einen Charterzug oder Charterbusse organisieren muss.
Die Gästefans können nur dann in den Gästesektor des Stadions gelangen, wenn sie mit dem von der Behörde bezeichneten Transportmittel anreisen. Dieses System des sogenannten Kombitickets habe sich in Holland und Belgien bewährt.
«Unverhältnismässige» Massnahmen
Die empfohlenen Massnahmen seien sehr moderat ausgefallen, sagte Käser. Somit hätten es die Fangruppen in der Hand, im Umfeld der Spiele weiterhin grosse Freiheiten zu geniessen.
Für Spiele mit tiefem und mittlerem Risiko sind laut der KKJPD nur wenige zusätzliche Auflagen geplant. Die obligatorischen elektronischen Zutrittskontrollen, die einen Abgleich mit der Hooligandatenbank erlauben, seien heute schon weitgehend umgesetzt.
Künftig soll vor den Heim- und Gästesektoren ein «lückenloser Abgleich eines Identitätsausweises mit der Hooligan-Datenbank» erfolgen. Bei Spielen mit mittlerem oder hohem Risiko soll die Identität der Zuschauer auch vor den übrigen Stadionsektoren überprüft werden. Daten würden dabei keine gespeichert, versichert die KKJPD.
Die Organisation Fanarbeit Schweiz hält nicht viel von den strengeren Auflagen. Die Empfehlungen seien nicht verhältnismässig, schreibt sie. Die Befürchtungen, Fussballfans würden pauschal als potenzielle Gefahr definiert, hätten sich bestätigt.
Auch die Swiss Football League und der Schweizerische Fussballverband sind skeptisch. «Repressive Massnahmen sollten sich immer gegen Täter, nicht aber gegen Matchbesucher richten», heisst es in einer Medienmitteilung.
Bis Juni 2013 in Kraft
Ueli Schwarz, Direktor Spitzensport im Schweizer Eishockeyverband, sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda, dass vor allem das Alkoholverbot fraglich sei. Er sei nicht sicher, ob ein solches Verbot die Probleme löse.
Der Eishockeyverband lehnt auch die Kombitickets ab. «Wir wissen nicht, wie wir diese Massnahme umsetzen könnten», sagte er. Hier sei es absolut notwendig, dass die Behörden zwischen Fussball- und Eishockeyspielen unterscheiden würden – «wegen der unterschiedlichen Anzahl Zuschauer».
Käser ist trotz der Kritik zuversichtlich, dass bis vor Beginn der Fussballsaison 2013/2014 alle Kantone das Konkordat ratifiziert haben werden. Bisher stimmten die sieben Kantonsparlamente AI, SG, UR, NE, LU, ZH und AG dem Beitritt zu. Rechtskräftig ist es erst in den Kantonen St. Gallen und Appenzell Innerrhoden.
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