Von Fabian Renz, Tages-Anzeiger
Um Vandalen zu erwischen, überwachen Wirte nicht nur die Vorräume von Toiletten. Mancherorts wird auch das Geschehen in den WC-Zellen gefilmt - was verboten ist.
Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür tönt die pikante Angelegenheit in seinem aktuellen Jahresbericht an: Immer mehr Betreiber von Freizeitanlagen installierten Überwachungskameras in «sensiblen Bereichen wie Umkleidekabinen oder Toiletten» (Ausgabe vom 2. Juli). Thür schildert das Beispiel eines Schwimmbads, wo im allgemeinen Umkleidebereich ohne Wissen der Besucher gefilmt wurde - was einem Eingriff in die Intimsphäre gleichkomme. Tatsächlich ist die Videokontrolle von «sensiblen Bereichen» nur unter strengen Auflagen erlaubt, wozu unter anderem die vorgängige Information der Betroffenen gehört. Auch ist definiert, wie weit die Späher gehen dürfen: «Im Umkleidebereich oder im Vorraum einer Toilettenanlage können Kameras montiert werden, wenn sie nicht den gesamten Bereich erfassen», heisst es im Bericht.
Nicht weiter ausgeführt wird, ob tatsächlich auch Fälle von Videoüberwachung in WC-Kabinen selber dokumentiert sind. Immerhin geht es hier um die für viele Menschen intimste aller Lebenslagen. Auf Nachfrage jedoch bestätigt Thürs Sprecherin Eliane Schmid: «Ja, im letzten Jahr wurden uns aus der Bevölkerung mehrere solcher Fälle gemeldet. Sie betrafen Toiletten in Restaurants und Clubs.» Mangels Statistiken kann Schmid keine genauen Zahlen nennen, «aber die Tendenz ist zunehmend». Meist hätten die Wirte mit dieser Massnahme Sachbeschädigungen vorbeugen wollen; manchmal sei es auch darum gegangen, Drogenkonsumenten zu überführen. Man informiere die Ratsuchenden jeweils darüber, wie sie sich gegen die Überwachung wehren könnten. «In einigen Fällen haben wir auch bei den Wirten interveniert», sagt Schmid.
Immer mehr WC-Wüteriche
In der Tat ist die rechtliche Lage eindeutig, wie aus den neu im Internet aufgeschalteten Richtlinien des Datenschützers hervorgeht: Das Filmen in Toilettenkabinen «würde derart stark in die Intimsphäre der betroffenen Personen eingreifen, dass hierfür kein Rechtfertigungsgrund denkbar ist. In diesen Bereichen dürfen keine Kameras installiert werden.» In Männertoiletten ist es auch verboten, die Pissoirs zu filmen.
«Wir haben leider damit zu kämpfen, dass der Vandalismus seit einigen Jahren stark zunimmt, vor allem in den Städten», sagt Maurus Ebneter, Sprecher des Verbands Schweizerischer Konzertlokale, Cabarets, Dancings und Diskotheken. Für das Ausmass des Problems sei in erster Linie die Lage des Lokals ausschlaggebend, aber auch die Betriebszeit: «Spät in der Nacht, wenn viel Alkohol getrunken wurde, ist es schlimmer.» Die Videoüberwachung von WC-Räumlichkeiten sei daher manchmal nötig. «Aber nur im Rahmen des Erlaubten: Die Intimsphäre der Gäste gilt es unbedingt zu respektieren», betont Ebneter.
Sein Verband weise die Mitglieder auf die Richtlinien des Datenschutzbeauftragten hin. Für Ebneter stehen aber auch die Firmen in der Pflicht, die das entsprechende technische Equipment verkaufen. «Sie sollten die Wirte darüber aufklären, was rechtlich möglich ist und was nicht.»
Blosser Voyeurismus
WC-Spionage kommt zuweilen auch ausserhalb der Gastroszene vor. Vor zwei Jahren sorgte ein Sicherheitsbeamter des Zürcher Uni-Campus Irchel für Schlagzeilen, weil er die Kabinen einer Herrentoilette ausspähte: Er hoffte, auf diese Weise einen Sprayer zu identifizieren. Der Skandal flog auf, als ein Student die Kamera entdeckte.
Etwas anders gelagert ist der Fall eines Mehrfachtäters, der Anfang letzter Woche publik wurde. Es ging dabei um einen Regisseur, der offenbar in Zürcher Bar- und Schwimmbadtoiletten Frauen bei der Notdurft filmte. Die Betreiber scheinen davon nichts gewusst zu haben; die Bespitzelung erfolgte demnach aus blossem Voyeurismus.
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