Per 1. September 2009 hat der Bundesrat per Verordnung ermöglicht, dass die Teilnahme an Telefonumfragen der Bundesverwaltung auch für Privatpersonen obligatorisch erklärt werden kann. Das Obligatorium gilt erstmals für die Schweizerische Arbeitskräfte-Erhebung (SAKE). Ab Oktober bis Ende Jahr werden 35'000 zufällig ausgewählte Schweizer und Ausländer über ihre persönlichen Situation befragt. Der Bund interessiert sich unter anderem für den Arbeitsort, das Arbeitspensum, die Arbeitsbedingungen, die Entlöhnung und die familiären Verhältnisse. Zusätzliche Fragen betreffen Aus- und Weiterbildung, aber auch Arbeiten, die im Haushalt unentgeltlich erledigt werden sowie krankheitsbedingte Arbeitsausfälle.
Anhand des Basisfragebogens der letztjährigen Umfrage kann der Umfang abgeschätzt werden. Da die Umfrage nach Möglichkeit in Dialekt geführt werden soll, sind die Fragen in einem speziellen Hochdeutsch-Slang verfasst, welcher 1:1 in Mundart übersetzt werden muss. Die Umfrage wird nicht ab dem Basisfragebogen, sondern ab Bildschirm gemacht. Von den vielen ähnlichen Fragen wird jeweils nur eine gestellt, abhängig von den Antworten der vorhergehenden Fragen.
Fragwürdige Anwendung des Bundesstatistikgesetzes
In der Befragung werden detailierte Fragen zur finanziellen Situation gestellt. Diese Daten sind aber über die kantonalen Steuerbehörden erhältlich und dürfen gemäss Art. 4 Abs. 2 BStatG nicht direkt erhoben werden.
Zudem ist eine Verpflichtung zur Auskunft gemäss Art. 6 Abs 1 BStatG nur möglich, wenn es die Vollständigkeit, Repräsentativität, Vergleichbarkeit oder Aktualität einer Statistik unbedingt erfordert. Das BFS mach aber nur Kostengründe geltend (siehe FAQ), was nicht zulässig ist. Mit einer Erhöhung der Stichprobenzahl könnte das Ziel auch erreicht werden.
Neu wird eine ausgewählte Person für die SAKE innerhalb von 15 Monaten 4 Mal befragt. Das erste Interview dauert rund 20 Minuten, die 3 folgenden Interviews umfassen je rund 10 Minuten. Das Institut Link erhielt letztes Jahr pro Befragung von 20 Minuten Dauer rund 70 Franken, es wäre also naheliegend, ausgewählte Personen mit 50 oder 100 Franken zu ködern, zumal gemäss Art. 6 Abs. 3 BStatG für freiwillige Auskünfte, die für die Befragten mit aussergewöhnlich grossem Aufwand verbunden sind, eine Entschädigung vorsehen werden kann.
Nachtrag vom 5. Februar 2010:
Keine Bussen bei Auskunftsverweigerung
Wer dem Bundesamt für Statisitk in Umfragen die Aussage verweigert, soll nicht mit einer Busse bestraft werden. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK) hiess mit 19 zu 2 Stimmen eine Initiative der SVP gut, die diese Gesetzesänderung fordert. Gemäss Bundesstatistikgesetz sind Personen in der Schweiz heute verpflichtet, dem BFS für die Schweizerische Arbeitskräfteerhebung Auskunft zu geben. Ansonsten droht ihnen eine Busse. Wie die SVP findet auch eine deutliche Kommissionsmehrheit, dass dies übertrieben ist.
Nachtrag vom 23. März 2010:
Keine Bussen bei Auskunftsverweigerung
Auch die Staatspolitische Kommission des Ständerats stimmte dieser Parlamentarische Initiative zu.
grundrechte.ch empfiehlt, ab sofort die Auskunft zu verweigern, wenn Fragen unangenehm erscheinen.
Nachtrag:
Am 21. Oktober 2010 hat die Staatspolitische Kommission des Nationalrates einen Bericht und eine Änderung des Bundesstatistikgesetzes in Vernehmlassung geschickt. Natürliche Personen sollen, ausser bei Volkszählungren, von der Auskunftspflicht befreit werden.
Obwohl die Mehrheit der Kantone die Aufhebung der Mitwirkungspflicht ablehnten, trat die Staatspolitische Kommission des Nationalrates am 3. März 2011 auf die Vorlage ein. Die Gesetzesänderung wird jetzt dem National- und Ständerat vorgelegt.
Am 23. Dezember 2011 war es dann endlich so weit: National- und Ständerat haben eine Änderung des Bundesstatistikgesetzes beschlossen:
Art. 6 Abs.1: Direkterhebungen sind für natürliche Personen in Privathaushalten freiwillig. Vorbehalten ist die Auskunftspflicht nach Artikel 10 des Volkszählungsgesetzes vom 22. Juni 2007.
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