Die erste eidgenössische Volkszählung erfolgte im März 1850 unter der Leitung von Bundesrat Stefano Franscini. Neben der Erhebung der Bevölkerungszahl wurde nach Geschlecht, Alter, Zivilstand, Beruf, Gewerbe und Konfession der Einwohner gefragt. Zwischen 1860 und 2000 fand alle zehn Jahre jeweils im Dezember eine Volkszählung statt.
1970 und 1980 wurde die Volkszählung, damals noch jeweils eine Vollerhebung, von diversen Personen und Personengruppen boykottiert. Nach einer öffentlichen Androhung von Bussen und der Ansetzung einer Nachfrist gab es dann für Verweigerer eine Busse. Der Umstand, dass das Strafwesen an die Kantone delegiert wurde, führte dazu, dass in einzelnen Kantonen keine Sanktionen ausgesprochen wurden. Die Fichenaffäre 1990 hat gezeigt, dass ein gesundes Misstrauen gegenüber dem Staat durchaus angebracht und auch erwünscht ist.
Die aktuelle Zählung entspringt einer Verordnung der EU. Nachdem ein erster Entwurf wegen zu detaillierten Fragen, u. a. zu Behinderungen und Religion, vom EU-Parlament 2007 zurückgewiesen wurde, kam die Verordnung 2008 mit einem abgespeckten Fragenkatalog, u. a. keine Fragen zur Religion mehr, durch. In dieser Verordnung werden auch die Registererhebung und ergänzende Stichprobenumfragen postuliert.
In Deutschland gab es zur Volkszählung 2011 massive Proteste und eine Sammelklage beim Verfassungsgerichtshof, welche aber abgewiesen wurde. Kritisiert wurden vor allem die umfassende Erhebung aus allen verfügbaren Registern, z. B. auch von Arbeitsämtern, die fehlende resp. ungenügende Anonymisierung (Datensätze können noch für 4 Jahre einer bestimmten Person zugeordnet werden) und die Frage nach der Religion. Die letzte Frage wurde allerdings aufgrund der Kritik im Zensus 2011 als freiwillig deklariert.
Im Vergleich zu Deutschland werden in der Schweiz nur Daten aus Sammlungen, welche in Art. 2 des Registerharmonisierungsgesetzes aufgeführt sind, sowie dem eidgenössischen Wohnungs- und Gebäuderegister erhoben. Daten der Arbeitslosenkassen und Sozialämter fliessen nicht in die Registererhebung ein.
Nach der Erfassung der Stichproben werden alle Fragebogen vernichtet und die Daten so anonymisiert, dass ab sofort kein Rückschluss von einem Datensatz auf die entsprechende Person mehr möglich ist.
Die Frage nach der Religion stützt sich auf Art. 1 Abs. 2 lit. g des Bundesgesetzes über die eidgenössische Volkszählung. Trotz der gesetzlichen Grundlage setzt grundrechte.ch hier ein Fragezeichen. Aktuell gibt es weltweit schwelende und akute Religionskonflikte, welche auch zu Flüchtlingsströmen führen. Die Unlust, die Religion bekannt zu geben, ist nachvollziehbar. Auf der anderen Seite entsteht aus der Kenntnis der Religion kein zwingender Nutzen, weil der Staat nicht für die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur verantwortlich ist, im Gegensatz etwa zu Verkehrswegen.
Die Frage nach der Religion kann nach Ansicht von grundrechte.ch aus obigen Gründen offen gelassen werden. Mitglieder von Landeskirchen dürften aber bereits in den Einwohnerregistern vermerkt sein und ohnehin durch die Registererhebung erfasst werden. Gemäss Art. 15 der Verordnung über die eidgenössische Volkszählung kann gemahnt und mit einer Gebühr belegt werden, wer die Auskunftspflicht verletzt.
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