Kontroverse wegen Fotofallen im Wald

19. November 2012

Beschwerde wegen selbstauslösenden Kameras in den Schweizer Wäldern - der Datenschutz sieht ein Problem

Von Jonas Hoskyn, Basler Zeitung

Liestal/Bern. Für die einen sind sie unverzichtbare Hilfsmittel, für die anderen ein Eingriff in die Privatsphäre: Wie viele Kameras zur Wildbeobachtung in den Schweizer Wäldern hängen, weiss niemand. Ein paar Tausend Fotofallen dürfte noch konservativ geschätzt sein. «Wir haben von den wenigsten privaten Fotofallen Kenntnis», sagt Ignaz Bloch, Leiter des Baselbieter Veterinär-, Jagd- und Fischereiwesens. Eine systematische Übersicht oder Auswertung gebe es nicht.

Zur exponentiellen Ausbreitung trägt auch die immer billigere Technik bei: Mittlerweile sind die selbst auslösenden Apparate mit Bewegungsmelder für ein paar Hundert Franken sogar im Supermarkt zu haben, für einen kleinen Aufpreis sogar inklusive Funk, damit man die neusten Schnappschüsse direkt aufs Handy kriegt. Doch mit der Knipserei der Waidmänner könnte es bald vorbei sein. Recherchen der BaZ zeigen: Vor Kurzem hat eine Privatperson aus dem Baselbiet bei der kantonalen Datenschutzbeauftragten Ursula Stucki eine Anfrage wegen Fotofallen von privaten Jägern gestellt. Diese verwies an den eidgenössischen Datenschutzbeauftragten in Bern. Dort ist die Meinung klar: «Wenn eine Privatperson im öffentlichen Raum eine Fotofalle aufstellt und dabei Personen aufgenommen werden, ist es ein klarer Verstoss gegen den Datenschutz.

Wir können uns schwerlich einen Grund vorstellen, der solche Kameras rechtfertigt», sagt Eliane Schmid, Sprecherin des eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten. «Wer solche Aufnahmen macht, muss damit rechnen, vor Gericht belangt zu werden.»

Keine rechtlichen Bestimmungen

Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen Privatpersonen und Behörden. «Wenn es die kantonale Gesetzgebung erlaubt, dann können die Jäger das als behördliche Person tun», so Schmid. Dies gilt etwa für Mitarbeiter der kantonalen Veterinärämter oder für vom Kanton beauftragte Jagdaufseher. In jedem Fall muss über die Verwendung der Kameras informiert werden.

Darauf beruft sich aktuell auch das Baselbieter Veterinär-, Jagd- und Fischereiwesen. Von Dezember bis Januar will Kantonstierarzt Ignaz Bloch mit insgesamt 25 Fotofallen mehr über die Luchse im Baselbiet herausfinden. «Dies erfolgt koordiniert mit den Nachbarkantonen und dem Bundesamt für Umwelt», sagt Bloch. Fotofallen seien ein notwendiges Hilfsmittel bei den scheuen Tieren. Das Problem: Weder im nationalen noch im kantonalen Jagdgesetz finden sich Bestimmungen zum Gebrauch von Fotofallen. «Wie das datenschutzrechtlich definiert wird, entzieht sich meiner Kenntnis», gibt Bloch zu. «Aber natürlich haben wir uns entsprechende Gedanken gemacht.» So würden die Fotofallen an Standorten stehen, wo sich kaum ein Spaziergänger hin verirrt, und sind entsprechend ausgeschildert. «Falls doch einmal ein Foto von einer Person mit dabei sein sollte, wird dieses natürlich umgehend gelöscht.»

Datenschützerin wird aktiv

Die Baselbieter Datenschutzbeauftragte Ursula Stucki kennt das Projekt nicht, staunt aber, dass noch niemand vom Veterinär-, Jagd- und Fischereiwesen auf sie zugekommen ist. «Ich werde mit Herrn Bloch zusammensitzen und das Thema anschauen und prüfen, ob die Installation von Kameras rechtlich möglich ist», kündigt Stucki an. Letztlich sei es eine Frage der Verhältnismässigkeit, so Stucki: «Den Interessen der Jäger und der Wissenschaftler steht der berechtigte Anspruch der Einzelnen gegenüber, in Ruhe im Wald spazieren zu gehen, ohne fotografiert zu werden. Es gibt im Wald Spaziergänger, Pfadfinder, Pilzsammler oder Mountainbiker, die alle ein Recht auf ihre Privatsphäre haben.» Denn letztendlich könne man nie sicher sein, was oder wer wirklich auf den Fotos drauf ist.

Beim Schäferstündchen erwischt

Was dümmstenfalls passieren kann, zeigen mehrere Beispiele aus dem Ausland. In Kärnten wurde Anfang Sommer ein Kommunalpolitiker beim Schäferstündchen geblitzt. Der Fall löste eine grosse Debatte aus, denn eigentlich sind die Fotofallen in Österreich genehmigungspflichtig. Kurz darauf tappte in Hessen ein Jäger ausserhalb seines Jagdreviers in die Fotofalle eines anderen Jägers. «Das Bild war darauf natürlich ein Riesenspass am Stammtisch», sagt Dieter Deuschle, Landesjägermeister von Baden-Württemberg. Der Gehörnte beschwerte sich beim Datenschutzbeauftragten und bekam recht. In Hessen wurden daraufhin alle Fotofallen abgeschaltet. Mittlerweile gelten in ganz Deutschland strikte Vorschriften für die Kameras.

 

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