Sicherheits-Mitarbeiter schwärzen unschuldigen FCB-Fan an

13. Februar 2013

Dean Fuss, BZ Basel

Ein 18-jähriger FCB-Fan sass im August 2012 zwei Tage in Untersuchungshaft, weil er am Spiel in St.Gallen Securitas-Mitarbeiter getreten haben soll. Das Kreisgericht sprach ihn nun frei - nachdem plötzlich entlastendes Videomaterial auftauchte.

Es hätte ein Matchbesuch wie jeder andere werden sollen. Am Samstag, 25. August 2012, besucht ein damals 18-jähriger FCB-Fan aus der Region das Auswärtsspiel seines Klubs in St. Gallen.

Doch bereits bei der Eingangskontrolle ist es vorbei mit dem Spass: Der 18-Jährige wird von drei Securitas-Mitarbeitern gepackt und der Polizei übergeben. Er soll kurz vorher einem Securitas-Mitarbeiter in Beine und Weichteile getreten haben - er bestreitet die Vorwürfe und verweist auf ihn entlastende Videoaufnahmen von Überwachungskameras. Es gebe kein entsprechendes Videomaterial, behaupten die Behörden.

Zwei Tage verbringt der Beschuldigte in Untersuchungshaft. Nach einer Befragung durch die Staatsanwältin am darauffolgenden Montagmittag erhält der junge Mann einen Strafbefehl. Tätlichkeiten und Landfriedensbruch lautet das Verdikt. Bestraft wird er mit einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 30 Franken, einer Busse von 800 Franken und einem umfassenden Stadionverbot.

Freispruch in allen Punkten

Vor knapp zwei Wochen dann die Wende: Der Beschuldigte wird vom Kreisgericht St. Gallen von allen Vorwürfen freigesprochen. Auf wiederholtes Nachfragen seiner Anwältin Manuela Schiller ist kurz vor der Gerichtsverhandlung doch noch entlastendes Videomaterial aufgetaucht. Der Securitas-Einsatzleiter des betroffenen Spiels und einer seiner Mitarbeiter werden sich wohl bald wegen falsch abgelegtem Zeugnis und falscher Anschuldigung vor Gericht verantworten müssen: Sie hatten mehrfach behauptet, dass es sich beim Beschuldigten zu 100 Prozent um den Täter handelt. Auf dem Videomaterial war dann aber ersichtlich, dass der Securitas-Mitarbeiter gar nicht an der Eingangskontrolle beschäftigt war.

«Im Gegensatz zu vielen meiner Klienten gehe ich nicht davon aus, dass die Polizei oder die Staatsanwaltschaft das Videomaterial absichtlich nicht für die Gerichtsverhandlung freigeben wollten», sagt Manuela Schiller, die Anwältin des beschuldigten FCB-Fans. Das traue sie den Behörden schlichtweg nicht zu. «Aber es ist in der Tat so, dass die Verkettung der Umstände schon gerade etwas krass, aber wohl keineswegs nur zufällig ist.»

«Fans fühlen sich bestätigt»

Thomas Gander, Co-Leiter der Fanarbeit Basel, sieht die Situation ähnlich: «Die Fans fühlen sich durch diesen Fall in ihrem Vorwurf bestätigt, dass bei Fussballfans mit anderen Ellen gemessen wird.» Für Anwältin Schiller ist es nicht überraschend, dass die Behörden trotz stundenlanger Videosichtung die entlastenden Stellen für den Beschuldigten vorerst nicht entdeckt haben: «Die Ausrichtung auf den Fussballfan als Staatsfeind macht das Sicherheitspersonal in einem gewissen Masse betriebsblind.»

Kommentare

Christian Thommen 13.02.13 | 17:50

Ich kann Jens Werner nur zustimmen. Es kommt hinzu, dass eine Person allein gar nicht Landfriedensbruch begehen kann, dazu ist eine Gruppe nötig, welche als Einheit auftritt. Der Tatbestand Landfriedensbruch wurde nur in den Strafbefehl aufgenommen, dass das Antragsdelikt Tätlichkeit von Amtes wegen verfolgt werden kann (und auch damit ein Rayonverbot möglich ist). Schnellverfahren gibt es in St. Gallen angeblich nur bei klarer Beweislage. Die betreffende Staatsanwältin gehört wie der Kommandant der Polizei in die Wüste geschickt.

Jens Werner 13.02.13 | 10:12

Ist Frau Schiller wirklich so naiv oder versucht sie einfach, die Gegenpartei nicht allzu sehr in die Pfanne zu hauen? Es war/ist sonnenklar, dass die Beweise die zur Entlastung führten bewusst vorenthalten wurde. Der SG-Polizeichef sprach ja von einem ärgerlichen Fehler. Nur, der Fehler war in Wirklichkeit, dass man vergessen hatte, das entlastende Videomaterial rechtzeitig zu löschen. Was passiert eigentlich mit den beiden Lügnern der Securitas? Meineid sollte doch ein Offizialdelikt sein?

 

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