Von David Schaffner. Tages-Anzeiger
Erste Resultate von Versuchen durch Schweizer Stromproduzenten zeigen: Dank Smart Meters lässt sich Strom sparen – je nach Haushalt und Zusatzfunktionen zwischen zwei und 20 Prozent.
Die Ziele des Bundesrats sind ehrgeizig: Damit die Schweiz keine neuen Atomkraftwerke bauen muss, will er die erneuerbaren Energien ausbauen und den Stromverbrauch während der nächsten vierzig Jahre nicht mehr ansteigen lassen. Eine Plafonierung auf dem heutigen Niveau gilt allerdings als schwierig, da bis 2050 die Bevölkerung in der Schweiz auf rund 9 Millionen Menschen ansteigen dürfte.
Sparpotenzial beim einzelnen Kunden erhoffen sich Fachleute vor allem durch den Einsatz von Smart Meters: Das sind intelligente Stromzähler, die den Verbrauch eines Haushalts in Echtzeit an den Produzenten übermitteln, eine monatliche Abrechnung ermöglichen und je nach Zusatzfunktion dem Kunden mittels Visualisierungsgerät aufzeigen, wie viel er im Moment konsumiert. Die Transparenz soll Sparmöglichkeiten aufzeigen und Konsumenten zum umweltbewussten Verhalten motivieren. Kritiker monieren jedoch, auch mit mehr Informationen liesse sich die Masse der Konsumenten nicht dazu bewegen, weniger Elektrizität zu verbrauchen und auf Komfort zu verzichten.
Kosten allein kein Anreiz
Um das tatsächliche Sparpotenzial durch Smart Meters zu testen, führen mehrere Stromproduzenten aktuell Pilotversuche durch – darunter die Elektrizitätswerke des Kantons und der Stadt Zürich (EKZ und EWZ), die Bernischen Kraftwerke BKW sowie die Centralschweizer Kraftwerke CKW. Über wissenschaftlich ausgewertete Resultate verfügen die Firmen noch nicht. Auf TA-Anfrage geben EKZ und BKW aber erstmals Zwischenresultate bekannt: Diese zeigen, dass sich mit Smart Meters zwischen 2 und 20 Prozent Strom sparen lassen – je nach Art des Haushalts und den Informationen zum Stromverbrauch, über die der Kunde verfügt.
Der Versuch der EKZ führt vor Augen, wie wichtig die Information ist. Die 1000 Teilnehmer des Projekts in Dietikon sind in zwei Gruppen aufgeteilt: In den Haushalten der ersten hat die EKZ nur einen Stromzähler installiert, der im Gegensatz zur heute üblichen Abrechnung im Jahresrhythmus eine monatliche Rechnung ermöglicht. Die Haushalte der zweiten Gruppe haben zusätzlich ein Visualisierungsgerät erhalten. «Kunden, die ihren Stromkonsum in Echtzeit verfolgen, konnten ihn um 2 bis 3 Prozent senken», sagt EKZ-Sprecherin Priska Laïaïda. «Wer hingegen nur eine monatliche Abrechnung erhält, konnte den Verbrauch kaum verringern.» Dies zeige, dass die Visualisierung – die beispielsweise den Verbrauch von Geräten im Stand-by-Modus aufzeige – motiviere, gewisse Apparate auszuschalten.
Freiwillige Testpersonen erzielten höhere Einsparungen
Die Berner BKW hat in ihrem Pilotprojekt in Ittigen deutliche Unterschiede je nach Art des Haushalts festgestellt, obwohl alle Kunden über ein Visualisierungsgerät verfügen: «Kaum verringern konnten wir den Stromverbrauch in einfachen Haushalten in kleinen Wohnungen», erklärt Projektleiter Daniel Berner. «In grossen Einfamilienhäusern hingegen konnten wir zwischen 10 und 20 Prozent einsparen.»
Möglich war dies, weil die Kunden ihre Heizungen, Boiler oder Lüftungen weniger intensiv nutzten. Und weil sie «teilweise hartnäckig nach Sparmöglichkeiten suchten», wie Berner sagt. Auf die Gesamtheit der Einfamilienhäuser lassen sich die hohen Werte kaum übertragen: Der durchschnittliche Besitzer wird nicht so konsequent nach Sparmöglichkeiten suchen, wie die Ittiger, die sich freiwillig meldeten. Die Zürcher Zwischenresultate mit Einsparungen um 3 Prozent dürften hingegen verallgemeinerbar sein: Die EKZ nahm alle Haushalte in den Versuch auf, die in einem bestimmten Gebiet liegen. «Es nehmen also nicht nur Menschen teil, die sensibilisiert sind für das Stromsparen», sagt Laïaïda. Kunden, die sich gegen den Versuch wehrten, mussten aber nicht mitmachen.
Obwohl ein Sparpotenzial von 2 bis 3 Prozent bescheiden klingt, spricht Laïaïda von einem guten Anfang. Dank Sensibilisierungsmassnahmen wolle die EKZ «den Wert noch etwas erhöhen». Um den Spareffekt von Smart Meters zu verdoppeln oder zu verdreifachen, wären Massnahmen notwendig, die in Zürich nicht geplant sind.
Dynamische Stromtarife notwendig
Einen wirklich umfassenden Testversuch haben in der Schweiz bisher nur die Luzerner CKW gestartet. Sie rüsteten Kunden in Gemeinden wie Eschenbach nicht nur mit neuen Stromzählern und Visualisierungsgeräten aus. Sie rechnen in ihrem Pilotprojekt überdies nach dynamischen Stromtarifen ab. Das heisst: Je nach Tageszeit und Nachfrage nach Elektrizität zahlen die Kunden einen höheren oder tieferen Preis. Die CKW-Kunden haben nicht nur die Möglichkeit, den Verbrauch zu senken. Sie können auch die Durchschnittskosten reduzieren und so deutlich mehr Geld sparen als die Haushalte in Bern oder Zürich. Geräte wie Abwaschmaschinen lassen sich problemlos betreiben, wenn die Nachfrage tief ist.
Für die Stromversorgung der Zukunft ist laut Experten eine Kombination von Smart Meters mit dynamischen Tarifen richtungsweisend: Denn der Strom aus erneuerbaren Quellen wird weniger regelmässig anfallen als der Strom aus Atomkraftwerken. Ein Ausstieg aus der nuklearen Energie ist nur realistisch, wenn Konsumenten vermehrt Strom verbrauchen, wenn im Netz viel Elektrizität vorhanden ist – etwa weil viel Wind weht.
Verlangen Konsumenten hingegen, dass stets am Morgen, Mittag und Abend besonders viel Strom zur Verfügung steht, wird der Atomausstieg schwierig. Ob die Luzerner zu einem neuen Verhalten bereit sind, zeigt sich, wenn die CKW die Resultate des eben gestarteten Versuchs vorstellen.
Immer mehr Kameras im Öffentlichen Verkehr
Antennensuchlauf: Neues Hobby von Staatsanwälten
Nachrichtendienst verletzt Fernmeldegeheimnis
Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)
jetzt spenden!