Tom Sperlich, heise online
Privatunternehmen sollen keine amtlichen «digitalen Pässe» ausstellen, fordern verschiedene Organisationen und Personen und streben deshalb ein Referendum an.
Anders als von der Schweizer Regierung, dem Bundesrat geplant soll nach Ansicht vieler Kritiker keine private E-ID eingeführt werden. Vor diesem Hintergrund hat in der Schweiz nun eine Unterschriftensammlung für ein Referendum begonnen.
Im vergangenen September sprachen sich sowohl der Nationalrat als auch der Ständerat für das E-ID-Gesetz aus, laut dem ein «digitaler Pass» ausgestellt werden soll. Allerdings nicht - wie bei anderen amtlichen Ausweisdokumenten - als eine staatliche Hoheitsaufgabe des Bundes, sondern als private Herausgabe einer staatlich zertifizierten E-ID durch üblicherweise gewinnorientierte Unternehmen. Dagegen spricht sich eine «Allianz gegen private E-ID» aus. Ihr gehören die Organisationen Digitale Gesellschaft, grundrechte.ch, der Verein Public Beta und die Plattform WeCollect an. Die Parteien SP und Grüne sowie Konsumentenschutzorganisationen unterstützen das Bündnis.
«Vertrauen nötig»
Der Bundesrat will den «digitalen Pass» einführen, weil Unternehmen oder Organisationen Vertrauen in die Identität ihres Gegenübers bräuchten, damit auch anspruchsvollere Geschäfte oder Behördengänge online abgewickelt werden können. Regierung und Parlament wollen das Feld nicht den ausländischen E-IDs wie jenen von Google, Apple oder Amazon überlassen.
Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Adrian Lobsiger betonte in einem Interview mit dem Boulevard-Blatt Blick: «Ohne E-ID-Gesetz wäre es schwierig, diese ausländischen ID-Provider zu verpflichten, Identifikations- und Nutzerdaten streng zu trennen, nach sechs Monaten zu löschen. Oder zu verhindern, dass sie für andere Zwecke verwendet, Dritten weitergegeben oder gar verkauft würden.»
Datenschutzbedenken
Die Allianz will durchaus eine E-ID, doch ein digitaler Pass solle auch in Zukunft vom Staat ausgestellt werden, fordert sie. Zu gross seien bei der Mehrheit der Bürger die Bedenken gegenüber Privatunternehmen in punkto Datenschutz. Bürgern bliebe aber mit dem neuen E-ID-Gesetz keine Wahlfreiheit. An die Stelle staatlicher Passbüros würden in Zukunft Grossbanken, Versicherungsgesellschaften und private Unternehmen treten. Es werde keine «E-Commerce-ID» benötigt, sondern lediglich eine digitale Erweiterung herkömmlicher Ausweispapiere, heisst es von Seiten der Kritiker.
Damit es zu einer Volksabstimmung über das Gesetz kommt, sind innerhalb von 100 Tagen 50,000 Unterschriften nötig. Nebst bereits online gesammelten 2,000 Unterschriften haben gut 11,000 Bürger ihre Unterstützung zugesagt, teilte die Allianz der Kritiker mit.
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