Lukas Mäder, NZZ
Die Rechtskommission des Nationalrats will die AHV-Nummer beim Grundbuch verwenden und gleichzeitig grundsätzliche Risiken abklären.
Auch Politiker können sich widersprüchlich verhalten, wie die nationalrätliche Rechtskommission Anfang Woche gezeigt hat. Sie will zum einen die AHV-Nummer neu beim Grundbuch für die Personenidentifikation verwenden. Zum anderen verlangt sie in einem Postulat vom Bundesrat, die Risiken, die die breite Verwendung der AHV-Nummer mit sich bringt, sowie Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Weniger Datenschutz
Kommissionspräsident Jean Christophe Schwaab (sp., Waadt) spricht von einer Entscheidung zwischen eindeutiger Identifizierung und Datenschutz. Die Lösung mit der AHV-Nummer biete Ersteres. Als Alternative stand ein sogenannter sektorieller Personenidentifikator zur Diskussion, wie ihn der Ständerat unterstützt. Dabei dient eine Nummer nur in einem bestimmten Bereich, hier eben beim Grundbuch, zur Identifikation. Die Eintragungen ins Grundbuch seien sowieso öffentlich, sagt Schwaab. Die Kantone monierten zudem höhere Kosten und einen grösseren Aufwand bei einer sektoriellen Lösung.
Der Entscheid der Kommission stösst bei den Datenschützern auf Kritik. «Je breiter die AHV-Nummer verwendet wird, desto grösser ist das Risiko eines Missbrauchs», sagt Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich. Bereits letzte Woche hat die Konferenz der Schweizer Datenschutzbeauftragten (Privatim) in einer Medienmitteilung die Kantonsregierungen aufgefordert, «die weitere Verbreitung der Verwendung der AHV-Nummer in den Datenbanken zu stoppen». Denn der Bundesrat will, dass die AHV-Nummer künftig in weiteren Bereichen zum Einsatz kommt.
Vor diesem Hintergrund ist auch der Entscheid der Rechtskommission zu sehen, vom Bundesrat zusätzliche Informationen zu Risiken und Datenschutzmassnahmen einzufordern. Selbst Kommissionspräsident Schwaab sieht in einer breiten Verwendung der AHV-Nummer grundsätzlich Gefahren: «Es braucht eine genaue Prüfung, wo die Verwendung sinnvoll ist.»
Brisante Studie
Dass derzeit grundsätzliche Fragen rund um den Datenschutz bei der AHV-Nummer aufkommen, hat einen Grund: Anfang Oktober wurde eine unabhängige Studie publiziert, die das Bundesamt für Justiz und der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte in Auftrag gegeben hatten. Darin kommt der ETH-Professor für Informationssicherheit David Basin zum Schluss, dass die derzeitige Verwendung der AHV-Nummer aus Sicht des Datenschutzes problematisch sei. Bei einem Datendiebstahl seien die Personen hinter den oft heiklen Daten identifizierbar. Zudem liessen sich allfällige gestohlene Daten dank der einheitlichen Nummer einfach verknüpfen.
Problematisch ist zudem, dass Organisationen wie Gemeindeverwaltungen, Schulen und Krankenhäuser die Daten verwalten. Deren Computersysteme erfüllen laut Basin weniger hohe Sicherheitsanforderungen als jene des Bundes, was einen Hackerangriff vereinfacht. Basin schreibt von 14,000 externen Registern, die mit der Datenbank der Zentralen Ausgleichsstelle verbunden sind. Laut Informationen des Bundesamts für Sozialversicherungen dürften es aber deutlich mehr sein, da Ärzte, Apotheker, Chiropraktiker und Hebammen auf der öffentlich zugänglichen Liste nicht erfasst sind.
Die Zahl soll noch weiter steigen. Im Auftrag des Bundesrats arbeitet das Bundesamt für Sozialversicherungen an einer Änderung des AHV-Gesetzes, die es allen Behörden erlauben würde, zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben auf die Datenbank mit den AHV-Nummern zuzugreifen. Da die Anforderungen dafür komplex sind, dürfte der Gesetzesentwurf nicht mehr dieses Jahr fertig werden.
Immer mehr Kameras im Öffentlichen Verkehr
Antennensuchlauf: Neues Hobby von Staatsanwälten
Nachrichtendienst verletzt Fernmeldegeheimnis
Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)
jetzt spenden!