Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2C_828/2011
Urteil vom 12. Oktober 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Reinhold Nussmüller,
gegen
Migrationsamt des Kantons Thurgau, Schlossmühlestrasse 7, 8510 Frauenfeld,
Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Regierungsgebäude, 8500 Frauenfeld.
Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 14. September 2011.
Sachverhalt:
A.
X.________ (geb. 1987) stammt aus Mazedonien. Er reiste im November 1994 im Rahmen eines Familiennachzugs in die Schweiz ein, wo er in der Folge über eine Niederlassungsbewilligung verfügte. Nach der obligatorischen Schulzeit absolvierte er eine Anlehre als Maler.
Das Bezirksgericht Weinfelden verurteilte X.________ am 18. Juni 2010 wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 18 Monaten. Es befand, dass X.________ sich ohne Notlage am organisierten Drogenhandel und insbesondere an der geplanten Umsetzung von rund einem Kilogramm Heroin beteiligt habe.
B.
Das Migrationsamt des Kantons Thurgau widerrief gestützt hierauf am 30. März 2011 die Niederlassungsbewilligung von X.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Die hiergegen ergriffenen kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Rekursentscheid des Departements für Justiz und Sicherheit vom 29. Juni 2011 sowie Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. September 2011).
C.
X.________ ist mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bzw. subsidiärer Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gelangt. Er beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und vom Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung abzusehen; auf jeden Fall sei von einer Wegweisung Abstand zu nehmen. Er macht geltend, der Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung sei unverhältnismässig und trage dem Grad seiner Integration und seinen privaten Interessen nicht hinreichend Rechnung.
Das Verwaltungsgericht, das Migrationsamt und das Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das Bundesamt für Migration verzichtet auf einen ausdrücklichen Antrag, bezweifelt indessen die Verhältnismässigkeit des Bewilligungswiderrufs. X.________ hat an seinen Ausführungen und Anträgen festgehalten.
Der Abteilungspräsident legte der Beschwerde am 12. Oktober 2011 aufschiebende Wirkung bei.
D.
Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 12. Oktober 2012 öffentlich beraten.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid betreffend den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c [e contrario], Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Gegen den kantonalen Wegweisungsentscheid ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegeben (Art. 83 lit. c Ziff. 4 und Art. 113 BGG), soweit der Beschwerdeführer die Verletzung besonderer verfassungsmässiger Rechte geltend macht (Art. 115 und Art. 116 BGG; vgl. BGE 137 II 305 ff.). Da auch alle weiteren Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
2.
2.1 Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist, wobei mehrere unterjährige Strafen bei der Berechnung nicht kumuliert werden dürfen (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG [SR 142.20]; BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 381; 137 II 297 E. 2). Indessen spielt keine Rolle, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde (Urteil 2C_515/2009 vom 27. Januar 2010 E. 2.1). Ein Widerruf ist überdies möglich, wenn der Ausländer in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen oder diese gefährdet hat (Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG). Die Praxis geht hiervon aus, wenn die ausländische Person durch ihr Handeln besonders hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht hat, sich von strafrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lässt und sich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zeigt, dass sie auch künftig weder gewillt noch fähig ist, sich an die Rechtsordnung zu halten (BGE 137 II 297 E. 3 S. 302 ff.; Urteile 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.2 und 2C_310/2011 vom 17. November 2011 E. 5). Diese Widerrufsgründe gelten auch, wenn der Ausländer sich seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss im Land aufgehalten hat (Art. 63 Abs. 2 AuG). Mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten (bedingt) ist der Widerrufsgrund von Art. 62 lit. b (i.V.m. Art. 63 Abs. 1 lit. a) AuG gegeben, was der Beschwerdeführer nicht bestreitet. Die Vorinstanz hat überdies einen schwerwiegenden Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung angenommen; der Beschwerdeführer wendet sich auch in diesem Punkt nicht gegen das kantonale Urteil.
2.2
2.2.1 Nach Art. 63 AuG "kann" die Niederlassungsbewilligung widerrufen werden. Die Massnahme muss - wie jedes staatliche Handeln - verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 AuG). Zur Beurteilung der Frage, ob dies der Fall ist, sind namentlich die Schwere des Delikts und des Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E. 4.3). Die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich schon seit langer Zeit hier aufhält, soll zwar nur mit besonderer Zurückhaltung widerrufen werden, doch ist dies bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat (vgl. das Urteil 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.3 [Widerruf der Niederlassungsbewilligung eines hier geborenen 43-jährigen Türken] und der Entscheid des EGMR i.S. Trabelsi gegen Deutschland vom 13. Oktober 2011 [Nr. 41548/06], Ziff. 53 ff., bezüglich der Ausweisung eines in Deutschland geborenen, wiederholt straffällig gewordenen Tunesiers). Bei schweren Straftaten, Rückfall und wiederholter Delinquenz besteht - überwiegende private oder familiäre Bindungen vorbehalten - auch in diesen Fällen ein schutzwürdiges öffentliches Interesse daran, die Anwesenheit des Ausländers zur Aufrechterhaltung der Ordnung bzw. Verhütung von (weiteren) Straftaten zu beenden (vgl. das Urteil 2C_903/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.1, nicht publ. in BGE 137 II 233; BGE 130 II 176 E. 4.4.2 S. 190 [vier Jahre Zuchthaus; Raub, Brandstiftung, Betrug usw.]; 122 II 433 E. 3 [Einweisung in eine Arbeitserziehungsanstalt bzw. dreieinhalb Jahre Zuchthaus; Mord, qualifizierter Raub, Vergewaltigung]). Bei schweren Straftaten, wozu auch Drogendelikte aus rein finanziellen Motiven gehören können, muss zum Schutz der Öffentlichkeit ausländerrechtlich selbst ein geringes Restrisiko weiterer Beeinträchtigungen wesentlicher Rechtsgüter nicht in Kauf genommen werden (BGE 130 II 176 E. 4.2-4.4 S. 185 ff. mit Hinweisen).
2.2.2 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK (Schutz des Privat- und Familienlebens) sind im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Massnahmen bei Ausländern der zweiten Generation die gleichen Elemente ausschlaggebend wie nach der bundesgerichtlichen Praxis, nämlich: (1) Die Art und Schwere der vom Betroffenen begangenen Straftaten, wobei besonders ins Gewicht fällt, ob er diese als Jugendlicher oder als Erwachsener begangen und es sich dabei um Gewaltdelikte gehandelt hat oder nicht; (2) die Dauer des Aufenthalts im Land, (3) die seit der Tatbegehung verstrichene Zeit und das Verhalten des Betroffenen während dieser, (4) die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat und zum Herkunftsland, (5) sein gesundheitlicher Zustand sowie (6) die mit der aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer der Fernhaltung (vgl. etwa die EGMR-Urteile Emre gegen die Schweiz vom 22. Mai 2008 [Nr. 42034/04] Ziff. 64 ff. [Verurteilung zu insgesamt 18 ½ Monaten Freiheitsentzug wegen Drohung, Körperverletzung, Tätlichkeiten, Diebstahls usw. - Verletzung von Art. 8 EMRK] und Boultif gegen die Schweiz vom 2. August 2001 [Nr. 54273/00] Ziff. 46 ff. [Verurteilung wegen Raubes zu einer Zuchthausstrafe von zwei Jahren - Verletzung von Art. 8 EMRK]). Nach der Praxis des EGMR überwiegt bei Betäubungsmitteldelikten (ohne Konsum) regelmässig das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts, falls keine besonderen persönlichen oder familiären Bindungen im Aufenthaltsstaat bestehen; ist die betroffene Person ledig und kinderlos, setzt sich tendenziell das öffentliche Fernhalteinteresse durch, sofern das Strafmass drei Jahre Freiheitsstrafe erreicht oder weitere erhebliche Delikte hinzukommen (vgl. KARL-GEORG MAYER, Systemwechsel im Ausweisungsrecht - der Schutz "faktischer Inländer" mit und ohne familiäre Bindungen nach dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK], in: Verwaltungs-Archiv 101/2010 S. 482 ff., dort S. 537). Im Urteil Balogun gegen Vereinigtes Königreich vom 10. April 2012 (Nr. 60286/09) verneinte der EMGR eine Verletzung von Art. 8 EMRK bei der Ausweisung eines mit drei Jahren eingereisten Nigerianers, der wegen Drogenhandels im Erwachsenenalter zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war. In der Sache Maslov gegen Österreich vom 23. Juni 2008 (Nr. 1638/03) erkannte die Grosse Kammer auf eine Verletzung von Art. 8 EMRK in einem Fall, in dem es um die Aufenthaltsbeendigung eines als Kind eingereisten, wegen verschiedener Delikte (gewerbsmässigen Bandendiebstahls, Bandenbildung, Erpressung, Köperverletzung usw.) zu 18 und 15 Monaten Freiheitsstrafe verurteilten drogenabhängigen Bulgaren ging (vgl. dort Ziff. 77 ff.; siehe auch: HOTTELIER/MOCK/PUÉCHAVY, La Suisse devant la Cour européenne des droits de l'homme, 2. Aufl. 2011, S. 214 ff.; KÄLIN/KÜNZLI, Universeller Menschenrechtsschutz, 2. Aufl. 2008, S. 447 ff. und S. 549 f.; BREITENMOSER/RIEMER/SEITZ, Praxis des Europarechts, Grundrechtsschutz, 2006, S. 66 ff.).
2.2.3 In Ausgangslagen, welche mit der vorliegenden vergleichbar sind, hat das Bundesgericht den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung bisweilen als unverhältnismässig bezeichnet (vgl. die Urteile 2A.422/2005 vom 9. November 2005 [bedingte Gefängnisstrafe von 18 Monaten wegen Transports von 5 Kilogramm Kokain, einmalige Delinquenz, als Erwachsener vor 14 Jahren in die Schweiz gekommen, hier verheiratet und Kind]; 2C_98/2009 vom 10. Juni 2009 [in der Schweiz geboren, Delinquenz als Jugendlicher und Verurteilung zu 10 Monaten Freiheitsstrafe u.a. wegen Betäubungsmitteldelikten]). Bei schwereren Verurteilungen hat das Bundesgericht den Bewilligungswiderruf teilweise aber auch geschützt (Urteile 2C_771/2011 vom 29. März 2012 [seit 6. Altersjahr, über 20 Jahre in der Schweiz; ledig; kinderlos; wiederholte Straffälligkeit, zuletzt Verurteilung zu 5 ½ Jahren Freiheitsstrafe u.a. wegen Betäubungsmitteldelikten]; 2C_501/2011 vom 8. Dezember 2011 [seit 5. Altersjahr, über 20 Jahre in der Schweiz; ledig; kinderlos; wiederholte Straffälligkeit; schwerste Verurteilung zu 30 Monaten Freiheitsstrafe u.a. wegen Betäubungsmitteldelikten]) und dies selbst dann, wenn der betroffene Ausländer in der Schweiz Ehefrau und Kinder hatte (Urteile 2C_265/2011 vom 27. September 2011 [in der Schweiz geboren; mit Schweizerin verheiratet; 1 Kind; mehrere Verurteilungen, zuletzt zu 30 Monaten u.a. wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz]; 2C_526/2011 vom 17. November 2011 [seit 15. Altersjahr, rund 11 Jahre in der Schweiz; verheiratet; zwei Kinder; Verurteilung zu 30 Monaten Freiheitsstrafe wegen Einfuhrs von ca. 1 Kilogramm Heroin]; 2C_935/2010 vom 7. Juni 2011 [seit 13. Altersjahr, insgesamt 15 Jahre in der Schweiz; verheiratet; 1 Kind; Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten, hauptsächlich wegen Handels mit ca. 1 Kilogramm Heroin und rund 100 Gramm Kokain]; 2C_254/2010 vom 15. Juli 2010 [seit 14. Altersjahr, insgesamt 15 Jahre in der Schweiz; 1 Kind; Verurteilung zu fünfjähriger Freiheitsstrafe, hauptsächlich wegen qualifizierter Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz]).
3.
3.1 Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung und der Auslegung von Art. 8 EMRK durch den EGMR hat der vorliegende Widerruf der Niederlassungsbewilligung als unverhältnismässig zu gelten: Der Beschwerdeführer ist zwar wegen einer qualifizierten Zuwiderhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden; er hat als Drogenkurier fungiert und über sein Beziehungsnetz zum Handel beigetragen, ohne sich in einer Notlage befunden zu haben oder selber abhängig gewesen zu sein. Zu seinen Gunsten ist jedoch zu berücksichtigen, dass er seit seinem 7. Altersjahr in der Schweiz lebt, hier die Schulen besucht hat und sich hernach im Land als Maler anlernen liess. Zurzeit der Tat war der Beschwerdeführer rund 19 Jahre alt; das Strafurteil gegen ihn erging erst 3 ½ Jahre nach seinen Straftaten, ohne dass er zuvor oder danach je anderweitig straffällig geworden wäre. Der Beschwerdeführer war trotz seines aktiven Verhaltens nicht der Haupttäter und hat sich am Transport und Handel aus jugendlichem Leichtsinn naiv und kritiklos beteiligt. Hierfür spricht der Umstand, dass er, trotz des beträchtlichen Werts des Heroins, für seine risikoreiche Gehilfentätigkeiten keine nennenswerten finanziellen Vorteile forderte oder erlangte.
3.2 In der Strafuntersuchung zeigte sich der Beschwerdeführer kooperativ und geständig. Seit Juli 2010 arbeitet er für eine Fassadenbau AG. Im Frühjahr 2011 gründete er mit seinem Vater und Bruder ein eigenes Malergeschäft, das er übernehmen möchte. Ende Juli 2011 hat er sich mit einer hier geborenen, niederlassungsberechtigten Landsfrau verlobt. In den rund 16 Jahren, während denen er sich in der Schweiz aufhielt, hat er sich - abgesehen von seiner einmaligen Straffälligkeit - sozialisieren und integrieren können. In Mazedonien verfügt er über keine Familienangehörigen mehr, nachdem seine Verwandten praktisch alle in der Schweiz leben. Zwar kennt er seine Heimat von Ferienbesuchen her, doch ist er des Mazedonischen nicht mächtig und spricht er nur lückenhaft Albanisch; die deutsche Sprache beherrscht er hingegen fliessend. Der Bewilligungswiderruf erweist sich unter diesen Umständen nicht als im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK geboten; sollte der Beschwerdeführer die ihm eingeräumte Chance nicht zu nutzen wissen, ist ein späterer Widerruf im Rahmen einer neuen Interessenabwägung nicht ausgeschlossen.
4.
4.1 Nichts anderes ergibt sich aus den Absätzen 3-6 von Art. 121 BV, welche mit der Volksabstimmung vom 28. November 2010 in die Verfassung aufgenommen wurden und seither in Kraft stehen (AS 2011 1199). Danach verlieren Ausländerinnen und Ausländer unabhängig von ihrem ausländerrechtlichen Status ihr Aufenthaltsrecht sowie alle Rechtsansprüche auf Aufenthalt in der Schweiz, wenn sie unter anderem wegen "Drogenhandels" rechtskräftig verurteilt worden sind (Art. 121 Abs. 3 lit. a BV). Die betroffenen Personen sind von der zuständigen Behörde aus der Schweiz auszuweisen und mit einem Einreiseverbot von 5-15 Jahren zu belegen; im Wiederholungsfall ist das Einreiseverbot auf 20 Jahre anzusetzen (Art. 121 Abs. 5 BV). Nach einem Teil der Lehre sind der Verlust des Aufenthaltsrechts und die Ausweisung unter den genannten Voraussetzungen zwingend und eine Prüfung der Verhältnismässigkeit im Einzelfall ausgeschlossen (vgl. ASTRID EPINEY, Ausschaffungsinitiative und Freizügigkeitsabkommen, Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtsprechung in Graubünden [ZGRG] 1/2010 S. 3 ff., 6 f.; GÄCHTER/KRADOLFER, Von schwarzen Schafen, Gedanken zur Ausschaffungsinitiative aus juristischer Sicht, Asyl 1/2008 S. 12 ff., 17; JAAG/PRIULI, Ausschaffungsinitiative und Freizügigkeitsabkommen, in: Jusletter 8. November 2010, Rz. 11, 28, 42; LORENZ LANGER, Menetekel oder Musterlösung? Das amerikanische Ausländerrecht und die Umsetzung der schweizerischen Ausschaffungsinitiative, Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht [SZIER] 2011 S. 195 ff., 228 f.; PÉREZ/BREMER/HOFMANN, Verfassungskonform völkerrechtswidrig: Schafft die Schweiz sich aus? in: Schweiz und Europa - Auswirkungen auf Wirtschaft, Recht und Gesellschaft, 2011, S. 31 ff., dort S. 38, 47; JOHANNES REICH, Verletzt die "Ausschaffungsinitiative" zwingende Bestimmungen des Völkerrechts? ZSR 127/2008 I S. 499 ff., dort S. 514 f.; derselbe, Direkte Demokratie und völkerrechtliche Verpflichtungen im Konflikt, Zeitschrift für ausländisches und öffentliches Recht und Völkerrecht [ZaöRV] 68/2008 S. 979 ff., dort S. 1018 f.; a.M. YVO HANGARTNER, Unklarheiten bei Volksinitiativen, Bemerkungen aus Anlass des neuen Art. 121 Abs. 3-6 BV [Ausschaffungsinitiative], AJP 2011 S. 471 ff., dort S. 473, 475). So haben auch der Bundesrat und die eidgenössischen Räte die Bestimmungen verstanden (Botschaft, BBl 2009 5097, 5107; Amt. Bull. 2010 S 311 ff.; 2010 N 681 ff.), ebenso die Abstimmungserläuterungen zur Volksabstimmung vom 28. November 2010, S. 6-11, 14 f.
4.2
4.2.1 Verfassungsbestimmungen regeln meist Grundsätzliches und weisen häufig eine geringe Normdichte auf. Die Verfassung bildet keine Einheit, sondern oft eine historisch gewachsene Struktur punktueller, nicht immer bewusst verbundener und aufeinander abgestimmter Prinzipien, Garantien und Aufträge. Solange der Verfassungsgeber einer einzelnen Norm nicht ausdrücklich Vorrang einräumt, ist auslegungsmässig grundsätzlich von einer Gleichwertigkeit der Regelungen auszugehen (vgl. BGE 128 II 1 E. 3d S. 10 f.; vgl. PIERRE TSCHANNEN, Verfassungsauslegung, in: Thürer/Aubert/Müller [Hrsg.], Verfassungsrecht der Schweiz, 2001, S. 149 ff., dort S. 153). Die Verfassung ist neben dem bei der Auslegung des einfachen Gesetzesrechts anzuwendenden Methodenpluralismus (vgl. BGE 131 I 74 E. 4.1 S. 80; hierzu: WIEDERKEHR/RICHLI, Praxis des allgemeinen Verwaltungsrechts, Bd. 1, 2012, Rz. 941 ff.; HÄFELIN/HALLER/KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 8. Aufl. 2012, Rz. 128 ff.; PÉREZ/BREMER/HOFMANN, A.A.O., S. 39; TSCHANNEN, a.a.O., § 4 Rz. 5 f.) mit Blick auf die Strukturprinzipien, die Völkerrechtskonformität und eine minimale Einheit zu interpretieren (TSCHANNEN, Verfassungsauslegung, a.a.O., S. 158 f.). Sie soll ein Mindestmass an Widerspruchsfreiheit aufweisen, weshalb einzelne Bestimmungen nicht ausschliesslich im Sinne von Initianten (vgl. WIEDERKEHR/RICHLI, a.a.O., Rz. 942) - isoliert und punktuell betrachtet - verstanden werden können.
4.2.2 Die Verfassungsinterpretation ist einem möglichst schonenden Ausgleich der verschiedenen Verfassungs- und Grundrechtsinteressen verpflichtet; sie soll praktische Konkordanz schaffen (vgl. BGE 129 I 173 E. 5.1; 126 III 129 E. 8a; TSCHANNEN, a.a.O., § 4 Rz. 38 ff.; derselbe, Verfassungsauslegung, a.a.O., S. 158 f.; RHINOW/SCHEFER, Schweizerisches Verfassungsrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 520 ff.; HANGARTNER, a.a.O., S. 473; KONRAD HESSE, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995 [Neudruck 1999], Rz. 70 ff.; REICH, a.a.O., S. 516). Eine Auslegung von Art. 121 Abs. 3-6 BV, die dem verfassungsrechtlichen Gesamtkontext keine Rechnung trägt und ausschliesslich den Willen der Initianten in den Vordergrund stellt, ist unzulässig, falls die entsprechende Bestimmung sich nicht selber im Sinne einer verfassungsrechtlichen Kollisionsregel eindeutig den Vorrang zu den anderen betroffenen Verfassungsvorgaben zuweist, wobei der Umstand, dass die neue Verfassungsbestimmung jüngeres Recht ist, hierfür allein nicht genügt (vgl. PETER UEBERSAX, Zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative, in: Asyl 4/11 S. 9 ff., dort S. 10; HANGARTNER, a.a.O., S. 475; HANGARTNER/KLEY, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2000, S. 840 ff.; JÖRG PAUL MÜLLER, Wie wird sich das Bundesgericht mit dem Minarettverbot der BV auseinandersetzen? [Minarettverbot], in: Jusletter 1. März 2010 Rz. 7). Ebenso wenig ist ausreichend, dass die politische Auseinandersetzung um eine neue Verfassungsbestimmung isoliert erfolgt und ihre Einbettung in das verfassungsrechtliche Gesamtgefüge im Abstimmungskampf unerörtert geblieben ist.
Dass eine Verfassungsbestimmung absolut gelten und im Einzelfall keiner Abwägung mit anderen Interessen zugänglich sein soll, ist zwar nicht ausgeschlossen (BGE 138 II 281 E. 6.2 mit Hinweisen); es kann sogar sein, dass der neue Verfassungstext bei gegenläufigen Grundrechtsinteressen die erforderliche Güterabwägung selber vornimmt und zum Ausdruck bringt, dass das eine Grundrecht dem anderen vorgeht und dieses im Konfliktfall verdrängt (BGE 128 I 63 E. 5). Dies ist aber nicht leichthin anzunehmen, erst recht nicht, wenn eine Verfassungsnorm in Widerspruch zu grundrechtlichen Ansprüchen gerät, welche in für die Schweiz verbindlichen Menschenrechtspakten garantiert sind (dazu E. 5).
4.2.3 Verfassungsbestimmungen können genügend bestimmt sein, um mit ihrem Inkrafttreten ohne ausführende Gesetzgebung - ganz oder teilweise - mit Wirkungen auch für Private unmittelbar Anwendung zu finden (vgl. HANGARTNER, a.a.O., S. 472; derselbe, Unmittelbare Anwendbarkeit völker- und verfassungsrechtlicher Normen, in: ZSR 126/2007 I S. 137 ff., dort S. 154 ff.). Ob dies der Fall ist, muss auslegungsmässig ermittelt werden, wobei den diesbezüglich bestehenden verfassungsrechtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen ist (vgl. PIERRE TSCHANNEN, Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 3. Aufl. 2011, § 4 Rz. 6 ff. mit Hinweisen; JULIA SZEMERÉDY, Verfassungsauslegung als methodologisches Grundproblem im Lichte der revidierten Bundesverfassung, in: Gächter/Bertschi [Hrsg.], Neue Akzente in der "nachgeführten" Bundesverfassung, 2000, S. 33 ff., dort S. 35 ff.).
4.3
4.3.1 Art. 121 Abs. 3 BV nennt verschiedene Straftatbestände, die teilweise auf entsprechende Bestimmungen im Strafgesetzbuch Bezug nehmen (Vergewaltigung, Raub), teilweise jedoch auch sehr offen und untechnisch formuliert sind (Drogenhandel, Einbruchsdiebstahl usw.; vgl. UEBERSAX, a.a.O., S. 11), keine klaren Konturen haben und nach dem Verfassungstext selber erst noch durch den Gesetzgeber konkretisiert werden sollen (Art. 121 Abs. 4 BV). Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung setzen ihm hierzu eine Frist von fünf Jahren ab der Annahme der Ausschaffungsinitiative durch Volk und Stände am 28. November 2010 (vgl. Art. 197 Ziff. 8 BV). Dies schliesst die Vorrangigkeit bzw. zumindest teilweise direkte Anwendbarkeit der neuen Verfassungsnorm gegenüber dem restlichen Verfassungsrecht nicht zwingend aus (COTTIER/HERTIG, Das Völkerrecht in der neuen BV: Stellung und Auswirkungen, in: Ulrich Zimmerli [Hrsg.], Die neue Bundesverfassung, 2000, S. 1 ff., dort S. 27), stellt sie jedoch infrage (vgl. UEBERSAX, a.a.O., S. 10; HANGARTNER, a.a.O., S. 474; REICH, a.a.O., S. 517).
4.3.2 Eine direkte Anwendbarkeit setzte aufgrund des Legalitätsprinzips voraus, dass Tatbestand und Rechtsfolgen genügend genau formuliert sind, sodass der Einzelne sein Verhalten danach richten kann (BGE 125 I 361 E. 4a S. 364). Dies mag zwar für einzelne der in Art. 121 Abs. 3 BV genannten Verhaltensweisen der Fall sein, doch bildet die Abstimmung der gestützt auf Art. 121 Abs. 3-6 BV zu einer Aufenthaltsbeendigung führenden Straffälligkeit wertungsmässig ein erst noch zu konkretisierendes Gesamtsystem, aus dem nicht rechtsprechungsmässig einzelne Delikte herausgelöst werden können, soll es nicht zu Widersprüchen zwischen dem alten (Art. 62 ff. AuG) und dem neuen System (Art. 121 Abs. 3-6 BV) der ausländerrechtlichen Konsequenzen strafbaren Verhaltens kommen. Die Art. 121 Abs. 3-6 BV sind nicht hinreichend klar formuliert, um ihre direkte Anwendbarkeit begründen zu können, zumal eine solche in Widerspruch zu anderen verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben - insbesondere den die schweizerische Verfassungsordnung prägenden Grundsätzen rechtsstaatlichen Handelns (Art. 5 BV: Bindung an das Recht, Verhältnismässigkeit, Treu und Glauben, Beachtung des Völkerrechts) und des Respekts der verfassungsmässigen Rechte - stehen würde (vgl. HANGARTNER, a.a.O., S. 475; UEBERSAX, a.a.O., S. 13; FLORIAN WEBER, Die gesetzlichen Umsetzungsvarianten der SVP-Ausschaffungsinitiative im Lichte des FZA und der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK, in: AJP 10/2012 S. 1436 ff., dort S. 1450 f., Fn. 170; PHILIPPE MASTRONARDI, Verfassungslehre, 2007, N. 782 ff.; MÜLLER, Minarettverbot, a.a.O., Rz. 8 f.).
4.3.3 Die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative stellt heikle verfassungs- und völkerrechtliche Probleme, da ein Ausweisungsautomatismus, wie er sich bei einer isolierten Betrachtung aus Art. 121 Abs. 3-6 BV ableiten liesse, bzw. dessen Umsetzung die völkerrechtlich gebotene Verhältnismässigkeitsprüfung der aufenthaltsbeendenden Massnahme im Einzelfall ausschliesst und diesbezüglich im Widerspruch zu den Geboten von Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV (i.V.m. Art. 36 BV) und Art. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (SR 0.101.07) sowie von Art. 13 (Verfahrensgarantien) bzw. Art. 17 (Schutz des Familienlebens vor willkürlichen Eingriffen) des UNO-Pakts II (SR 0.103.2) steht. Die Anforderungen aus dem Freizügigkeitsabkommen (SR 0.142.112.681; Einzelfallprüfung und Notwendigkeit einer gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Zeitpunkt des Vollzugs der Aus- bzw. Wegweisung; zu Art. 5 Anhang I FZA: BGE 137 II 233 E. 5; 131 II 352 ff.) können nicht mehr erfüllt und dem Kindeswohl kann nicht mehr im Sinne von Art. 3 der Kinderrechtekonvention (SR 0.107) Rechnung getragen werden. Der Verfassungswortlaut steht deshalb in einem deutlichen Spannungsverhältnis zu grundlegenden verfassungs- und völkerrechtlich von der Schweiz anerkannten Werten; die Verfassungsbestimmung macht keinen Unterschied zwischen leichteren und schwereren Straftaten, da sie für die obligatorische Landesverweisung jeweils auf die Deliktsart und nicht die konkrete Strafhöhe abstellt und sie die nach der EMRK in einem demokratischen Rechtsstaat gebotene und auch nach dem FZA erforderliche Interessenabwägung und Beurteilung gestützt auf die Umstände im Einzelfall ausschliesst (vgl. FLORIAN WEBER, a.a.O., S. 1436 ff., dort S. 1444 f., 1449 ff.).
4.3.4 Bei Art. 121 Abs. 3 BV handelt es sich als Ganzes ohne die erforderliche Feinabstimmung auf Gesetzesstufe deshalb um eine wertungsmässig offene Norm, die dem Gesetzgeber einen Konkretisierungsspielraum belässt. Ihr Verhältnis zu den anderen Verfassungsbestimmungen und -prinzipien bedarf der Klärung. Diese kann - aus Gründen der Gewaltenteilung - zurzeit nicht durch das Bundesgericht erfolgen. Die entsprechende Verantwortung obliegt dem Gesetzgeber (Art. 121 Abs. 4 BV). Das Bundesgericht ist im Falle einer auslegungsweise nicht überwindbaren Normenkollision an die Bundesgesetze und das Völkerrecht gebunden (Art. 190 BV); es liegt vorerst an den politischen Instanzen, den erforderlichen Ausgleich zwischen den auf dem Spiele stehenden verfassungsrechtlichen Werten auf Gesetzesstufe zu regeln (vgl. JÖRG PAUL MÜLLER, Einleitung zu den Grundrechten, in: Kommentar zur aBV, Stand 1987, Rz. 139; YVO HANGARTNER, St. Galler BV-Kommentar, N. 26 zu Art. 190). Art. 121 Abs. 4 BV bezieht sich - trotz seines konditionalen Charakters (vgl. hierzu PIERRE TSCHANNEN, Systeme des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2008, S. 55 ff.) - dabei nicht nur auf die einzelnen Tatbestände, sondern auch auf die Rechtsfolgen, da die beiden Aspekte in der Gesamtsystematik der ausländerrechtlichen Konsequenzen strafrechtlich relevanten Verhaltens nicht voneinander getrennt werden können.
5.
Selbst wenn sich Art. 121 Abs. 3 lit. a BV im vorliegenden Fall direkt anwenden liesse und man von einer Einbettung in das Verfassungsganze absehen wollte, änderte dies nichts am Ausgang des Verfahrens:
5.1 Im Falle eines Normenkonflikts zwischen dem Völkerrecht und einer späteren Gesetzgebung geht die Rechtsprechung grundsätzlich vom Vorrang des Völkerrechts aus; vorbehalten bleibt gemäss der "Schubert"-Praxis der Fall, dass der Gesetzgeber einen Konflikt mit dem Völkerrecht ausdrücklich in Kauf genommen hat (BGE 99 Ib 39 E. 3 und 4 ["Schubert"]; 125 II 417 E. 4d S. 425 ["PKK"]; 133 V 367 E. 11.1.1; 136 III 168 E. 3.3.4). Die Rechtsprechung hat die Anwendung der "Schubert-Praxis" im Falle eines Widerspruchs zu Menschenrechtskonventionen (BGE 125 II 417 E. 4d; 131 II 352 E. 1.3.1; 136 II 241 E. 16.1) verneint; die Frage in einem Einzelfall aber auch offen gelassen (BGE 136 III 168 E. 3.3.4). In einem jüngsten Entscheid zur Problematik hat das Bundesgericht den Vorrang des Völkerrechts bzw. die Bindung an dieses bestätigt (BGE 2C_743/2011 vom 19. September 2012 E. 5.1): Besteht ein echter Normkonflikt zwischen Bundes- und Völkerrecht, so geht grundsätzlich die völkerrechtliche Verpflichtung der Schweiz vor (BGE 135 II 243 E. 3.1 S. 249; 125 II 417 E. 4d S. 425); dies gilt selbst für Abkommen, die nicht Menschen- oder Grundrechte zum Gegenstand haben (BGE 136 II 241 E. 16.1 S. 255; 122 II 485 E. 3a S. 487; vgl. auch MÜLLER, Minarettverbot, a.a.O., Rz. 10 und 17). Der dargelegte Vorrang besteht auch gegenüber späteren, d.h. nach der völkerrechtlichen Norm in Kraft getretenen Bundesgesetzen; die Lex-posterior-Regel kommt im Verhältnis zwischen Völker- und Landesrecht nicht zur Anwendung (BGE 122 II 485 E. 3a S. 487). Die Schweiz kann sich nicht auf ihr innerstaatliches Recht berufen, um die Nichterfüllung eines Vertrags zu rechtfertigen (Art. 5 Abs. 4 BV; Art. 27 der Wiener Konvention über das Recht der Verträge [VRK; SR 0.111]; vgl. BGE 125 II 417 E. 4d S. 424 f.; 122 II 234 E. 4e S. 239; ferner BGE 116 IV 262 E. 3b/cc S. 269; 117 IV 124 E. 4b S. 128). Entsprechend bleibt eine dem Völkerrecht entgegenstehende Bundesgesetzgebung regelmässig unanwendbar (BGE 125 II 417 E. 4d S. 425; 128 IV 201 E. 1.3 S. 205; vgl. auch HOTTELIER/MOCK/PUÉCHAVY, a.a.O., S. 12 ff.; MÜLLER, Minarettverbot, a.a.O., Rz. 19 f.; COTTIER/HERTIG, a.a.O., S. 11, 17, 18 ff., 24).
5.2
5.2.1 Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage des Verhältnisses zwischen Völkerrecht und einer später erlassenen Verfassungsbestimmung. Gemäss Art. 194 Abs. 2 BV darf eine Verfassungsänderung zwingendes Völkerrecht nicht verletzen. Auch Volksinitiativen, die zwingendem Völkerrecht widersprechen, sind ungültig (Art. 139 Abs. 3 BV). Daraus folgt umgekehrt, dass Verfassungsänderungen, welche andere völkerrechtliche Normen nicht beachten, möglich bleiben (Botschaft vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 1 ff. Ziff. 221.41 S. 446 f.; YVO HANGARTNER, St. Galler BV-Kommentar, N. 33 zu Art. 139 [neu]). Wie alsdann im Rechtsanwendungsfall vorzugehen ist, erscheint wenig geklärt (s. dazu die Hinweise im Bericht des Bundesrates vom 5. März 2010 "Das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht", BBl 2010 2263 Ziff. 8.6.1 S. 2308 ff.). Ein Teil der Lehre vertritt die Auffassung, dass eine neuere, unmittelbar anwendbare Verfassungsbestimmung einem älteren Staatsvertrag vorzugehen hat (ROBERT BAUMANN, Der Einfluss des Völkerrechts auf die Gewaltenteilung, 2002, N. 362 S. 277 f., 317; DERSELBE, Die Umsetzung völkerrechtswidriger Volksinitiativen, in: ZBl 111/2010 S. 241 ff., dort S. 260 ff.); andere Autoren verwerfen diese Auffassung (JÖRG KÜNZLI, Demokratische Partizipationsrechte bei neuen Formen der Begründung und bei der Auflösung völkerrechtlicher Verpflichtungen, ZSR 128/2009 I S. 47 ff., 71 ff.; REGINA KIENER/MELANIE KRÜSI, Bedeutungswandel des Rechtsstaats und Folgen für die [direkte] Demokratie am Beispiel völkerrechtswidriger Volksinitiativen, in: ZBl 110/2009 S. 237 ff., dort S. 249 ff.).
5.2.2 Die EMRK ist ein Staatsvertrag und als solcher nach den Regeln von Art. 31 f. VRK auszulegen, wobei ihren Besonderheiten und insbesondere ihrem Charakter als lebendiges Instrument ("living instrument") Rechnung zu tragen ist (vgl. BGE 137 I 284 E. 2.1 MIT HINWEISEN; GRABENWARTER/PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl. 2012, S. 30 ff. mit Hinweisen; JENS MEYER-LADEWIG, EMRK, 3. Aufl. 2011, Einleitung, N. 35; ELISABETH CHIARIELLO, Der Richter als Verfassungsgeber?, 2009, S. 267 ff.; FROWEIN/PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl. 2009, Einführung, N. 8 ff.; HAEFLIGER/SCHÜRMANN, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl. 1999, S. 49 ff.; MARK E. VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK], 2. Aufl. 1999, S. 162 ff.). Aus Art. 8 EMRK, wonach jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens hat, ergibt sich nach der Rechtsprechung des EGMR und in deren Folge der Staatenpraxis eine Vertragsverletzung, wenn die betroffene Person im Aufenthaltsstaat über hinreichend starke persönliche oder familiäre Bindungen verfügt, die durch die aufenthaltsverweigernde oder -beendende Massnahme unter dem Titel des "Privatlebens" oder des "Familienlebens" nachhaltig betroffen werden. Die Konvention bzw. die diese verbindlich auslegende Rechtsprechung des EGMR verlangt im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK eine Abwägung zwischen dem privaten Interesse der betroffenen Person am Verbleib im Land einerseits und dem öffentlichen Interesse an ihrer Entfernung bzw. Fernhaltung zu einem der dort genannten Zwecke andererseits, wobei dieses gestützt auf die vom EGMR ermittelten Kriterien jenes aufgrund der Gesamtbeurteilung im Einzelfall in dem Sinne überwiegen muss, dass die Massnahme notwendig erscheint.
5.2.3 Dies ist wie dargelegt hier nicht der Fall (vgl. E. 3). Mit der EMRK und der Möglichkeit der Individualbeschwerde hat die Schweiz nicht nur die konventionsmässigen materiellen Garantien, sondern auch deren Durchsetzungsmechanismus und die Pflicht übernommen, im Nachgang zu den Urteilen des EGMR die jeweils erforderlichen individuellen und allgemeinen Massnahmen zu treffen, um künftige ähnliche Konventionsverletzungen - nötigenfalls auch durch eine Anpassung des nationalen Rechts - zu verhindern (vgl. Art. 1 und Art. 46 EMRK; Art. 61 des Reglements des EGMR [Fassung vom 1. September 2012]; GRABENWARTER/PABEL, a.a.O., § 16 Rz. 8 ff., zu den "infringement proceedings": Rz. 10 ff.; JENS MEYER-LADEWIG, a.a.O., Rz. 25 f., 37 und insbesondere 41 zu Art. 46 EMRK; XAVIER-BAPTISTE RUEDIN, Exécution des arrêts de la Cour européenne des droits de l'homme, 2009, Rz. 137 f., 407 ff., 439 ff., 587 ff.; FROWEIN/PEUKERT, a.a.O., Rz. 12 f. zu Art. 46 EMRK; BREITENMOSER/RIEMER/SEITZ, a.a.O., S. 19; HAEFLIGER/SCHÜRMANN, a.a.O., S. 426 ff.).
5.3 Das Bundesgericht ist auch bei Berücksichtigung von Art. 121 Abs. 3 BV hieran gebunden. Es hat die sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergebenden Vorgaben weiterhin umzusetzen (vgl. Art. 190 BV). Es kann in der durch diese gebotenen Interessenabwägung der vom Verfassungsgeber zum Ausdruck gebrachten Wertung insoweit Rechnung tragen, als dies zu keinem Widerspruch zu übergeordnetem Recht bzw. zu Konflikten mit dem Beurteilungsspielraum führt, den der EGMR den einzelnen Konventionsstaaten bei der Umsetzung ihrer Migrations- und Ausländerpolitik zugesteht. In diesem Rahmen kann die erforderliche Interessenabwägung jedoch nicht schematisierend auf einzelne im Verfassungsrecht mehr oder weniger klar umschriebene Anlasstaten reduziert werden, ohne dass der Strafhöhe und den weiteren zur Rechtfertigung des mit der Aufenthaltsbeendigung verbundenen Eingriffs in das Privat- und Familienleben erforderlichen Aspekten Rechnung getragen wird (vgl. auch REICH, a.a.O., S. 517).
6.
6.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich somit als begründet; sie ist gutzuheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 14. September 2011 aufzuheben. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird damit gegenstandslos und kann abgeschrieben werden.
6.2 Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Thurgau hat den obsiegenden Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 BGG). Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau muss über die kantonale Kosten- und Entschädigungsfrage neu befinden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 14. September 2011 aufgehoben.
2.
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird als gegenstandslos abgeschrieben.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
5.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau hat über die Kosten- und Entschädigungsfrage dem Ausgang des Verfahrens entsprechend neu zu befinden.
6.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 12. Oktober 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
Immer mehr Kameras im Öffentlichen Verkehr
Antennensuchlauf: Neues Hobby von Staatsanwälten
Nachrichtendienst verletzt Fernmeldegeheimnis
Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)
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