Statusbericht vom 22. August 2013

22. August 2013

Geheim / sofort

Die Schweizer Gripen-Beschaffung - Status mit Blick auf die entscheidende Sitzung der Sicherheitskommission des Nationalrats vom 26./27. August

Zusammenfassung: Nach den Kontakten mit den wichtigsten Akteuren in der letzten Woche können wir feststellen, dass die Situation mit Blick auf die wichtige Sitzung der Sicherheitskommission des Nationalrats heller ist. Die FDP ist an Bord, und sogar Thomas Hurter, SVP, denkt darüber nach, die Seite zu wechseln. Ein klares «Nein» zur Beschaffung erscheint deshalb fast ausgeschlossen und ein weiterer Aufschub als weniger wahrscheinlich. Auch Verteidigungsminister Maurer ist gut vorbereitet und recht optimistisch mit Blick auf das Treffen, welches am 26./27. August stattfindet.

Während der Woche habe ich mich mit allen wichtigen Personen mit Rollen vor und während der Sitzung der Sicherheitskommission des Nationalrats nächste Woche getroffen. Diese Treffen haben mit grosser Diskretion stattgefunden und die folgende kurze Zusammenfassung sollte auch entsprechend behandelt werden:

Der Präsident der FDP, Philipp Müller, Generalsekretär Stefan Brupbacher und die Sicherheitspolitik-Sprecherin Corina Eichenberger waren am vergangenen Dienstag in der Botschaft für eine 2½ Stunden lange Besprechung mit FMV (Håkan Lombrink), FXM (Berndt Karman) und mir. Der Hauptzweck war, durch die verschiedenen Sanktionsmechanismen in beiden Verträge zu gehen. Dank überzeugender Bemühungen Lombrinks und Karmans konnten alle gestellten Fragen beantwortet werden, und die Sitzung, die mit vorsichtiger Haltung begonnen hatte, endete in einer besonders positiven Atmosphäre. Brupbacher und Eichenberger haben danach ihre grosse Dankbarkeit zum Ausdruck gebracht und erklärten, dass - ausser Verteidigungsminister Ueli Maurer vermassle es am Montag komplett - die FDP mit «Ja» für die Beschaffung stimmen werde. Dies sei auch das, was sie sagen werden, wenn sie von den Medien gefragt würden. Die einzige möglicherweise unsichere Karte in der SiK-N ist noch Walter Müller. Parteipräsident Philipp Müller hat aber versprochen zu versuchen, ihn zu überzeugen.

Gestern traf ich mich mit dem kritischen Präsidenten der so genannten «Subkommission», welche die Beschaffung prüft, Thomas Hurter (SVP), zu einem fast zweistündigen Arbeitsessen in Zürich. Ein Treffen, welches übrigens durch Maurer arrangiert wurde. Ich gab Hurter die gleichen Informationen, die wir der FDP gegeben haben und bekam den Eindruck, dass er für die Beschaffung eher «Ja» stimmen (oder sich enthalten) und damit am Ende in der «falschen» Gruppe landen würde. Zusammen gingen wir die Argumente, die er nutzen könnte, um seinen Meinungsumschwung zu erklären, durch (!). Unter anderem, dass er in der letzten Sitzung der SiK-N drei von vier Forderungen (Strafgebühren, Zahlungen nach Lieferungen und vier Prozent bis Ende Auslieferung zurückhalten) durchbrachte. Das einzige, was nicht akzeptiert wurde, ist eine Vorauszahlung von maximal 15 Prozent. Allerdings hat er kein Versprechen abgegeben und meine Einschätzung ist, dass er 50:50 mit Ja stimmen oder sich der Stimme enthalten wird.

Heute traf ich mich mit Verteidigungsminister Ueli Maurer, um den Status der SiK-N durchzugehen und um zu diskutieren, wie das Treffen nächste Woche aufgegleist werden sollte. Alle, mit denen ich gesprochen habe, haben gesagt, dass es entscheidend sei, dass Maurer und das VBS während der Sitzung die gleichen Informationen weitergeben, die wir jetzt von Schwedischer Seite mitgeteilt haben. Und vielleicht noch wichtiger ist, dass sie erkennen, die SiK-N - und vor allem Hurter -, dass ihre Forderungen vom April tatsächlich zu einem besseren Ergebnis für die Schweiz führten. Maurer ist sich jetzt der Situation bewusst und von dem, was von ihm erwartet wird. Er hat auch Anweisung an die Anderen in der Delegation gegeben (unter anderem der Oberbefehlshaber, der Leiter der Luftwaffe, der stellvertretende Generalsekretär Catrina, Projektmanager Walther und Testpilot Antognini), die notwendige Demut zu zeigen (oder «Kreide zu fressen», wie sie hier sagen).

Schliesslich, von dem, was wir wissen, ist CVP immer noch hinter dem Deal (mit einigen kleineren Ausnahmen) und wird möglicherweise am Parteitag an diesem Wochenende ein Communiqué darüber veröffentlichen.

Wir haben auch etwas Glück mit den Teilnehmern der Sitzung der SiK-N am Montag und Dienstag. Der kritische Luc Barthassat, CVP, wird nicht teilnehmen und wird durch Parteikollege Markus Lehmann, einem grossen Armeebefürworter, ersetzt. Und der etwas wackelige Yvan Perrin, SVP, wird ersetzt durch Roland Büchel, der parteilinietreuer ist.

Die grössten Risiken gerade jetzt sind, dass es eine neue «Enthüllung» in einer der grossen Sonntagszeitungen gibt, oder dass Ueli Maurer einmal mehr während der Sitzung etwas beleidigendes sagt.

Aber: Meine Einschätzung ist, dass es am Montag durchgehen sollte. Wenn nichts Unerwartetes geschieht, können wir bis zu 15 Stimmen für die Beschaffung und 10 dagegen (oder neun, wenn Roland Borer, SVP, sich der Stimme enthält), erreichen. Es erscheint vor dem hier präsentierten Hintergrund als sehr unwahrscheinlich, dass wir weniger als 13 Ja-Stimmen (von 25) bekommen. Die Abstimmung wird vielleicht bereits am Montag, aber wahrscheinlich erst am Dienstag Nachmittag stattfinden, gefolgt von einer Pressekonferenz.

Die Interims-Lösung ist ungewiss. Hurter, welcher einen Vorstoss dagegen eingereicht hatte, bestätigte gestern seine Position. Maurer und die Luftwaffe werden mit Nachdruck argumentieren, dass die Schweiz das will und braucht. Für die FDP ist es kein Problem (sie wissen auch, dass sie ein Potential zum «Killerargument» hat und werden Maurer helfen, die Entscheidung zu verschieben, wenn es so weit kommen würde).

Sollte es in der SiK-N durchgehen, wird der Nationalrat die Beschaffung am 11. September beraten, gefolgt vom Ständerat am 18. (nur die Finanzierung). Kontinuierliches Lobbying ist erforderlich, und es ist daher sehr erfreulich, dass zwei Schwedische Parlamentarier an eine Informationsveranstaltung im Parlament am 9. September kommen. Aber es ist ganz klar, dass Treffen nächste Woche ist die härteste Schwelle zum Überwinden (neben der Volksabstimmung im nächsten Jahr).

Ich werde am Dienstagabend nach Stockholm fliegen, um am MFA-Chef-Meeting teilzunehmen und werde Mittwoch bis Freitag für mögliche Beratungen verfügbar sein.

Thöresson

 

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