Mutmasslicher iranischer Informant darf bleiben

25. Januar 2017

Katharina Fontana, NZZ

Trotz Warnung des Nachrichtendienstes des Bundes erhält ein Iraner eine Niederlassungsbewilligung. Das Staatssekretariat für Migration will den Fehler korrigieren. Doch das geht nicht, sagt das Bundesgericht.

Es kommt hin und wieder vor, dass das Bundesgericht einem Ausländer recht gibt, der sich gegen den Entzug seines Aufenthaltsrechts wehrt. Die ausländerrechtliche Beschwerde, welche die Lausanner Richter vorliegend zu beurteilen hatten, fällt aber aus dem Rahmen. Es geht um einen 68-jährigen Iraner, der ab 2002 in Genf für eine internationale Organisation tätig war, ab 2008 als Chefbeamter. Als er 2010 in Pension ging und seine vom Aussendepartement ausgestellte Bewilligung auslief, beantragte er beim Kanton Genf eine Niederlassungsbewilligung, die es ihm ermöglichen sollte, zusammen mit seiner Frau in der Schweiz zu bleiben. Im August 2011 entsprach die Genfer Migrationsbehörde dem Gesuch, dies, nachdem das Staatssekretariat für Migration (SEM) seine Zustimmung erteilt hatte.

Genfer Behörden am Zug

Wenige Tage später meldete sich der Nachrichtendienst des Bundes beim SEM und sprach sich dezidiert gegen ein Aufenthaltsrecht des Iraners aus. Dieser habe im Auftrag seines Heimatlandes in der Schweiz illegale nachrichtendienstliche Aktivitäten ausgeübt. Der Nachrichtendienst hatte seine Opposition bereits zu einem früheren Zeitpunkt telefonisch bei einem Sektionschef des SEM deponiert, nur wurde diese Mitteilung nicht weitergeleitet. Die zuständige Stelle des SEM bewilligte also das Gesuch des Iraners, ohne um die Intervention des Nachrichtendienstes zu wissen.

Nach mehrfachem Briefwechsel mit dem Iraner widerrief das SEM schliesslich im Jahr 2013 seine Zustimmung. Dieser Entscheid wurde 2016 vom Bundesverwaltungsgericht gestützt und der Mann als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Schweiz bezeichnet. Das Bundesgericht sieht die Sache nun aber anders. Es kommt zum Schluss, dass das Staatssekretariat nicht befugt war, die Zustimmung zu widerrufen. Das Ausländergesetz gebe ihm dazu keine Handhabe, auch könne es sich nicht auf allgemeine verwaltungsrechtliche Grundsätze stützen. Vielmehr liege es grundsätzlich allein in der Kompetenz der Kantone, ausländerrechtliche Bewilligungen zu widerrufen. Konkret wird es also Sache der Genfer Behörden sein, im Fall des Iraners aktiv zu werden und einen Widerruf wegen Gefährdung der inneren Sicherheit der Schweiz zu prüfen.

«Äusserst sensible Informationen»

Nun würde man gerne wissen, welche illegalen Tätigkeiten der Iraner in der Schweiz ausgeübt haben soll. Das Bundesgericht geht leider nicht näher auf die Frage ein, und das Bundesverwaltungsgericht hat seinen Entscheid in dieser Sache nicht veröffentlicht. Grund dafür seien die im Urteil enthaltenen «äusserst sensiblen Informationen», die den Iraner wie allenfalls auch gewisse Staatsinteressen gefährden könnten, teilt das Bundesverwaltungsgericht auf Anfrage mit.

 

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