Geheimdienstleute müssen Polizeiausweise abgeben

27. Dezember 2012

Von Hubert Mooser

Mitarbeiter des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) wurden zu Unrecht mit Polizeiausweisen ausgestattet, heisst es in einem internen Bericht des VBS. Nun handelt die Behörde.

Nach der Datenklau-Affäre sorgen jetzt beim Nachrichtendienst des Bundes (NDB) die Polizeiausweise für interne Auseinandersetzungen. Geheimdienstleute sind seit Jahren mit Ausweisen ausgestattet, auf denen auf der Vorderseite der Vermerk «Polizei» und auf der Rückseite die Begriffe «Nachrichtendienst des Bundes» und «Polizeioffizier» stehen. In einem Bericht von Ueli Maurers Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), der Tagesanzeiger.ch/Newsnet vorliegt, heisst es nun: Für die in der bisherigen Form beim NDB eingesetzten Polizeiausweise fehle die Rechtsgrundlage.

In der Öffentlichkeit ist zwar von einer «politischen Polizei» oder «Schnüffelpolizei» die Rede. Aber der NDB verfügt trotzdem über «keinerlei gesetzliche Kompetenz zur Ausübung von polizeilichen Zwangsmassnahmen, abgesehen vom Eingriff in der Form von präventiv-polizeilichen informationellen Realakten», heisst es in dem Bericht. Im Klartext: Der NDB ist keine Polizeibehörde. Er ist nur mit der Abwehr von Gefahren beauftragt. Hier komme ihm eine präventiv-polizeiliche Funktion zu. Er habe aber ansonsten keine Befugnisse für die Anwendung polizeilicher Zwangsmassnahmen.

Polizeiausweise wurden auch an Nicht-Polizisten abgegeben

Die Polizeiausweise waren schon beim früheren Inlandgeheimdienst, dem sogenannten Dienst für Analyse und Prävention (DAP), im Umlauf. Das hatte folgenden Grund: Der DAP gehörte damals noch zum Justiz- und Polizeidepartement (EJPD). Die dort arbeitenden Inlandkommissäre rekrutierte man bei den Kantonspolizeien. Auf den 1. Januar 2010 wurde der DAP mit dem Strategischen Nachrichtendienst (SND) im VBS zum neuen NDB verschmolzen. Alle heute dort arbeitenden Inlandkommissäre verfügen über eine Polizeiausbildung und verstehen sich selber als Polizeioffiziere.

Als ein Grundproblem wird im Bericht von Maurers interner Geheimdienstaufsicht gesagt, dass seit der Fusion der Geheimdienste von Beginn weg Polizeiausweise an Nicht-Polizisten abgegeben wurden. Die Geheimdienstleute sollen nun die ihnen ursprünglich ausgehändigten Polizeiausweise abgeben, da diese «nicht vorhandene polizeirechtliche Kompetenzen vortäuschen können, sodass die Gefahr einer Amtsanmassung entsteht.» Als Ersatz sollen die Schlapphüte 2013 mit funktionsbezogenen ND-Ausweisen ausgestattet werden. Das hat die NDB-Geschäftsleitung mit ihrem Chef Markus Seiler schon am 12. September entschieden.

Neu gibt es vier verschiedene Ausweistypen

Auf den neuen Ausweisen soll der Begriff «Polizei» durch den Begriff «Nachrichtendienst des Bundes» ersetzt werden. «Damit gegenüber den Bürgern keine Täuschungsgefahr besteht.» Neu soll es ausserdem vier unterschiedliche Ausweistypen geben.

Wer der Inlandbeschaffung (NDBB-I) angehört, erhält einen Ausweis mit dem Vermerk: «Der Inhaber dieses Ausweises ist Kommissär des Nachrichtendienstes des Bundes und zum Tragen einer Dienstwaffe berechtigt. Er ist zuständig für präventive Aufgaben nach dem Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit und dem Bundesgesetz über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes.» Auf den Ausweisen der Mitarbeiter der Inlandbeschaffung (NDBB-I) steht weiter der Zusatz: «Der Kommissär entspricht dem Rang eines Polizeioffiziers.»

Bei Mitarbeitern, welche der Abteilung Operationelle Sicherheit (Opsec) angehören, die mit Abschirmaufgaben und operativen Sicherungseinsätzen beauftragt ist, steht: «Der Inhaber dieses Ausweises ist Mitarbeiter des Nachrichtendienstes des Bundes und zum Tragen einer Dienstwaffe berechtigt. Er ist zuständig für Abschirm- und Sicherungsaufgaben nach dem Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit und dem Bundesgesetz über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes.»

Für die Geschäftsleitung und andere Mitarbeiter, die mit Sicherheitsdiensten verkehren, ist ein Ausweis vorgesehen, der den Eintrag trägt: «Der Inhaber dieses Ausweises ist Mitarbeiter des Nachrichtendienstes des Bundes. Er ist zuständig für Abschirm- und Sicherungsaufgaben nach dem Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit und dem Bundesgesetz über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes.»

Ein vierter Ausweis soll der nachrichtendienstlichen Praxis dienen, und zwar in anonymisierter Form. Er soll bei der sogenannten Beschaffung Ausland und Inland eingesetzt werden. Wenn sich zum Beispiel ein Führungsoffizier (Ausland) oder ein Inlandkommissär zur Vertrauensbildung gegenüber einer Quelle identifizieren muss.

Die vier Ausweistypen stellen einen Kompromiss dar

Für Maurers NDB-Aufsicht sind vier verschiedene Ausweistypen im Zeitalter der flachen Hierarchien zwar ein bisschen viel, aber sie sind offenbar ein amtsinterner Kompromiss – wollten doch vor allem die Inlandkommissäre partout nicht auf ihre Polizeiausweise verzichten. Das VBS bestätigt die neuen Ausweise.

 

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