Im ersten Ausnüchterungsgefängnis der Schweiz sollen auch private Sicherheitsleute arbeiten. Rechtsexperten sprechen von einem «sehr problematischen» Einsatz.
Das erste Schweizer Ausnüchterungsgefängnis entsteht in der Hauptwache der Stadtpolizei Zürich und nimmt seinen Betrieb Mitte März auf. In der «Zentralen Ausnüchterungs-Stelle», wie die Einrichtung offiziell heisst, nimmt die Polizei betrunkene und berauschte Personen in Gewahrsam, welche die öffentliche Ordnung stören und dabei sich und andere gefährden.
Für den Betrieb des Ausnüchterungsgefängnisses sucht die Stadtpolizei jetzt privates Sicherheitspersonal. Die privaten Sicherheitsleute sollen die Stadtpolizisten bei der Arbeit in der Zentralen Ausnüchterungs-Stelle unterstützen, etwa bei der Zuführung der Betrunkenen, bei deren Betreuung sowie bei «Sicherheitsmassnahmen wie zum Beispiel der Fesselung von Renitenten».
«Grundrechte tangiert»
Der Einsatz von privatem Sicherheitspersonal in einer staatlichen Hafteinrichtung ist ein Novum für die Schweiz – und ist rechtlich umstritten. Andreas Lienhard, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Bern, . «Gerade bei einer solch sensiblen Arbeit ist der Einsatz von privaten Sicherheitsleuten heikel.» Besonders problematisch sei er bei der Fesselung von Renitenten. Lienhard sieht ein staatsrechtliches Grundsatzproblem: «Aufgaben, bei denen körperlicher Zwang angewendet wird, darf der Staat streng genommen nicht auslagern. Hier werden Grundrechte wie die persönliche Freiheit und das staatliche Gewaltmonopol tangiert.»
Auch Markus Mohler, Lehrbeauftragter an der Universität Basel und spezialisiert auf Polizei- und Sicherheitsrecht, beurteilt den geplanten Einsatz von privatem Sicherheitspersonal in einer staatlichen Hafteinrichtung als «sehr problematisch». «Das Gewaltmonopol gebietet, dass unmittelbarer, also physischer Zwang ausschliesslich von Polizeiangehörigen ausgeübt werden darf», sagt Mohler.
Zum geplanten Einsatz privater Sicherheitsleute im Zürcher Ausnüchterungsgefängnis wollen sich gegenwärtig weder die Stadtpolizei noch das Polizeidepartement unter der abtretenden Stadträtin Esther Maurer äussern. Die Suche nach dem Sicherheitspersonal laufe noch, und der Stadtrat werde erst in diesem Monat über das Geschäft entscheiden, hält ein Departementssprecher fest.
Zwar haben Severin Pflüger und Marc Hohl (beide FDP) am 6. Mai 2009 im Gemeinderat das Postulat «Prüfung der Übertragung von Polizeiaufgaben an Private» eingebracht, welches am 11. Dezember 2009 überwiesen wurde, allerdings mit dem Zusatz «Dabei ist zu garantieren, dass das staatliche Gewaltmonopol vollumfänglich erhalten bleibt»
Custodio AG
Die Ausnüchterungsstelle soll am 12. März 2010 eröffnet werden. Dabei kommen neben den vereidigten Polizisten auch Leute einer privaten Sicherheitsfirma zum Einsatz. Den Zuschlag für den 340'000-Franken-Auftrag wird voraussichtlich die Custodio AG erhalten. Dies geht aus einer Bekanntgabe im Amtsblatt vom 22. Januar 2010 hervor. Die Firma wird während eines Jahres jeweils an den Wochenenden im Einsatz stehen.
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