Neues Polizeigesetz Bern

15. Juni 2012

Verdeckte Fahndung, Kostenpflicht für Polizeieinsätze, falsche Identitäten und Kopfgelder für Private

Die Po­li­zei soll im Kan­ton Bern künf­tig oh­ne rich­ter­li­che Ge­neh­mi­gung ei­nen Mo­nat lang ver­deckt fahn­den dür­fen. Und: Wer ei­nen Po­li­zei­ein­satz pro­vo­ziert, soll ihn selbst be­zah­len. Eben­so sol­len Per­so­nen, die aus­ser­halb ei­nes Straf­ver­fah­rens ge­fähr­det sind und sich nicht in ei­nem Zeu­gen­schutz­pro­gramm ge­mäss dem Bun­des­ge­setz über den aus­ser­pro­zes­sua­len Zeu­gen­schutz be­fin­den, mit­tels ge­fälsch­ter Ur­kun­den mit ei­ner an­de­ren Iden­ti­tät (Le­gen­de) aus­ge­stat­tet wer­den kön­nen. Schliess­lich sol­len Pri­vat­per­so­nen für die Zu­sam­men­ar­beit mit der Po­li­zei ent­schä­digt und so­gar be­lohnt wer­den kön­nen.

In der Me­di­en­mit­tei­lung von Po­li­zei­di­rek­tor Hans-Jürg Kä­ser vom 14. Ju­ni 2012 ist da­von al­ler­dings nichts zu le­sen. Dort steht le­dig­lich:

Kern­punk­te der Re­vi­si­on sind die Lo­cke­rung der Wohn­sitz­pflicht für Po­li­zei­mit­ar­bei­ten­de, Re­ge­lung des po­li­zei­li­chen Han­delns von Po­li­zei­an­ge­hö­ri­gen in ih­rer dienst­frei­en Zeit und Er­wäh­nung der Si­cher­heits­as­sis­ten­ten­schu­le im Ge­setz.

Dass ver­deck­te Fahn­dung für «al­le Ver­ge­hen und Ver­bre­chen» ein­ge­setzt wer­den soll und bis zu ei­nem Mo­nat lang kei­ne rich­ter­li­che Ge­neh­mi­gung be­nö­tigt, ist auf je­den Fall un­ver­hält­nis­mäs­sig. Zu­dem ist frag­lich, ob so er­lang­te Be­wei­se vor Ge­richt ver­wen­det wer­den dür­fen.

Die Be­stim­mung, dass die Kos­ten für Po­li­zei­ein­sät­ze dem Stö­rer/Ver­ur­sa­cher auf­ge­bun­den wer­den kön­nen, zielt ver­mut­lich auf De­mons­tra­tio­nen, wel­che un­ter­bun­den wer­den sol­len.

Voll da­ne­ben ist der neue Art. 35f, wo­nach die Po­li­zei­kom­man­dan­tin oder der Po­li­zei­kom­man­dant mit Ge­neh­mi­gung des Zwangs­mass­nah­me­ge­richts ge­fähr­de­te Per­so­nen, die aus­ser­halb ei­nes Straf­ver­fah­rens ge­fähr­det sind und sich nicht in ei­nem Zeu­gen­schutz­pro­gramm ge­mäss dem Bun­des­ge­setz über den aus­ser­pro­zes­sua­len Zeu­gen­schutz be­fin­den, mit ei­ner Le­gen­de im Sin­ne von Ar­ti­kel 288 Ab­satz 1 StPO und den da­für not­wen­di­gen Ur­kun­den aus­stat­ten kön­nen soll. Dies wä­re nichts an­de­res als Ur­kun­den­fäl­schung im Amt ge­mäss Art. 317 StGB, und kei­ne nicht straf­ba­re Hand­lun­gen ge­mäss Art. 317­bis StBG. Auch der Emp­fän­ger der ge­fälsch­ten Ur­kun­den wür­de sich straf­bar ma­chen.

Am 13. De­zem­ber 2012 teil­te der Re­gie­rungs­rat des Kan­tons Bern mit, dass die Teil­re­vi­si­on des Po­li­zei­ge­set­zes zu­guns­ten ei­ner To­tal­re­vi­si­on auf­ge­scho­ben wer­de. Die auf eid­ge­nös­si­scher Ebe­ne weit fort­ge­schrit­te­ne Re­vi­si­on be­tref­fend der ver­deck­ten Fahn­dung soll ab­ge­war­tet wer­den, be­vor kan­to­na­le Be­stim­mun­gen er­las­sen wer­den. Die ge­plan­ten Än­de­run­gen sind so­mit nicht vom Tisch, son­dern nur um ein paar Jah­re auf­ge­scho­ben.

 

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