Einseitig zusammengesetzte «Arbeitsgruppe Revision DNA-Profil-Gesetz» schlägt verlängerte Löschfristen, Verwandtenrecherchen und der Analyse von körperlichen Merkmalen vor.
Das Bundesgesetz über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen (DNA-Profil-Gesetz) vom 20. Juni 2003 ist seit dem 1. Januar 2005 in Kraft. Seit dem Jahr 2015 ist auch «Familial DNA searching» unter der Bezeichnung «Verwandtenrecherche» zulässig, nachdem das Bundesstrafgericht ein Gesuch aus dem Kanton Genf bewilligt hat. Weil es bei den rund 20 bisherigen Verwandtenrecherchen bisher keinen einzigen Treffer gab, konnte bis heute keine angeschuldigte Person diese Art der Identifizierung beim Bundesgericht anfechten.
Am 16. Dezember 2015 reichte Vitali Albert (FDP) im Nationalrat die Motion 15.4150 «Kein Täterschutz für Mörder und Vergewaltiger» mit folgendem Wortlauf ein: «Der Bundesrat wird beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit der Strafverfolgungsbehörde erlaubt wird, Täter von schwerwiegend gewalttätigen Straftaten wie beispielsweise Mord oder Vergewaltigung durch die Auswertung der codierenden DNA-Abschnitte und somit der persönlichen Eigenschaften gezielter zu verfolgen.»
Im Januar 2016 doppelte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats mit dem Postulat «Prüfung der Aufbewahrungsfristen für DNA-Profile» nach. Die Löschfristen sollen vereinheitlicht, sprich verlängert, weder. Idealerweise soll auf eine Löschung ganz verzichtet werden.
Aus dem 25. Tätigkeitsbericht des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten 2017/18 geht hervor, dass der Bundesrat eine sehr einseitig zusammengesetzte «Arbeitsgruppe Revision DNA-Profil-Gesetz» mit Vertretern der Strafverfolgungsbehörden der Kantone, der Rechtsmedizin, der Medizinethik und des Datenschutzes sowie mit Fachleuten aus dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement, aber ohne Vertreter der Strafverteidigung oder von Grundrechtsorganisationen, gebildet hat. Dementsprechend sind auch die Empfehlungen herausgekommen, aufgrund derer das fedpol gegenwärtig eine Vernehmlassungsvorlage «Revision DNA-Profil-Gesetz» erarbeitet. Die neue Justizministerin Karin Keller-Sutter hat bereits durchblicken lassen, das eine scharfe Variante mit verlängerten Löschfristen, Verwandtenrecherchen und der Analyse von körperlichen Merkmalen vorgelegt werden wird.
Gemäss der Botschaft zum DNA-Profil-Gesetz vom 8. November 2000 soll die DNA Analyse hauptsächlich bei schwersten Straftaten gegen Leib, Leben und körperliche Integrität, bei denen Täter und Opfer im eigentlichen Sinn gewaltsam aufeinandertreffen und sich gegenseitig und das Umfeld mit Spuren versehen, eingesetzt werden. Die Realität sieht aber anders aus, wie die Statistik für das Jahr 2017 zeigt: Einbruchdiebstahl und Diebstahl zusammen ergaben über 78 % der Treffer, Tötung nur gerade 1 %.
Identifikationen durch DNA-Profile (2017)
Delikt |
Datenbank- Treffer |
Einbruchdiebstahl |
3151 |
Diebstahl |
1822 |
Betäubungsmitteldelikte |
582 |
Sachbeschädigung |
265 |
Raub |
187 |
Körperverletzung |
185 |
Sexuelle Nötigung |
110 |
Tötung |
70 |
|
|
Summe |
6372 |
Der Jahresbericht 2018 von fedpol ist mehr eine Propagandaschrift als eine Zusammenfassung von Informationen. Der DNA-Analyse werden 4 Seiten gewidmet, und die Wahrheit wird auch zurechtgebogen. Zu lesen ist etwa: «Es gibt immer wieder Fälle in der Schweiz, bei denen DNA am Tatort gefunden wird und die Strafverfolgungsbehörden trotzdem nicht weiterkommen. Dank einer neuen wissenschaftlichen Methode liesse sich aus einer DNA-Spur mehr als nur das Profil herauslesen, mehr als bisher rechtlich zulässig ist...» Dies ist schlicht falsch. Die DNA-Phänotypisierung, d. h. die Ermittlung von z.B. der Augen-, Haar- oder Hautfarbe, gab es schon beim Erlass des DNA-Profil-Gesetzes. In der Botschaft vom 8. November 2000 hatte der Bundesrat sogar vorgesehen, dass auf Anordnung eines Richters auch codierende Abschnitte der DNA analysiert werden dürfen. Die Rechtskommission des Nationalrats hat diese Bestimmung aber aus grundrechtlichen Überlegungen gestrichen.
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