Abzocker erhalten von Swisscom Telefondaten im Abrufverfahren

12. November 2014

Am 2. April 2014 berichtete die Sendung «Espresso» von Radio SRF 1 unter dem Titel «Ärger mit Rechnungen von Paypay und Pulsira» über Mobiltelefonbesitzer, welche von der Paypay AG Rechnungen für angebliche Abos, z. B. zum Betrachten von Sex-Filmchen, erhielten. Betroffene hielten fest, dass sie gar nie ein solches Abo gelöst hätten. Sie seien im Internet nicht auf Porno-Seiten gewesen und hätten auch nirgendwo ihre Handynummer angegeben.

Knapp ein halbes Jahr später doppelte «Espresso» am 9. September 2014 unter dem Titel «Sex-Abo-Falle: Aus Paypay wird Obligo» nach. Die Firma Paypay treibe neu als Obligo Abo-Gebühren ein, weil das Staatssekretariat für Wirtschaft gegen Paypay eine Untersuchung eingeleitet habe.

Am 12. November 2014 schliesslich enthüllte der «Tagesanzeiger» unter dem Titel «Swisscom geht gegen Sex-Anbieter auf dem Handy vor», wie Paypay resp. Obligo zu den Telefonnummern der Website-Nutzer kamen: «Der Mehrwertdienstanbieter hat gemäss aktuellen Abklärungen die Mobilfunknummern via die Verrechnungsschnittstelle missbräuchlich und entgegen den in den Verträgen geltenden Bestimmungen ausgelesen. Die Swisscom hat ihn deswegen bereits am 31. Oktober 2014 gesperrt und nun den Vertrag gekündigt. Wir prüfen derzeit rechtliche Schritte gegen den Anbieter», sagt Swisscom-Sprecher Olaf Schulze. Beim besagten Mehrwertdienstanbieter handelt es sich um die in Wollerau im Kanton Schwyz ansässige VAS Tools AG. Etwas tolpatschig allerdings ist der Untertitel das Tagi-Artikels, wonach dem Ombudsmann die Hände gebunden seien. Die Verletzung des Fernmeldegeheimnisses durch die VAS Tools AG und die Swisscom, darum handelt es sich hier nämlich, ist definitiv eine Angelegenheit für den Staatsanwalt und nicht den Ombudsmann.

https://grundrechte.ch/2014/VAS_Tools_AG.JPG

Spätestens bei der Verletzung des Fernmeldegeheimnisses hört der Spass auf. Abonnenten von Mobiltelefonen, welche von ihren Providern die eigenen Verbindungsdaten heraus verlangen, werden damit abgewimmelt, dass die Bekanntgabe aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht möglich sei. Abzocker hingegen dürfen bei Swisscom gegen Bezahlung im Abrufverfahren über die Verrechnungsschnittstelle herauslesen, welche Telefonnummer einer bestimmten IP-Adresse zugeordnet ist. «Teilnehmeridentifikation» nennt sich das und ist in der Schweiz aufgrund des Bundesgesetzes zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) ausschliesslich den Strafverfolgungsbehörden vorbehalten, welche obendrein noch eine richterliche Genehmigung einholen müssen.

Im Zusammenhang mit der geplanten Verschärfung des BÜPF argumentieren Befürworter immer wieder, dass die Daten bei den Fernmeldeanbietern sicher seien und Missbrauch nicht möglich sei. Der Fall VAS Tools AG beweist das Gegenteil. Alleine schon dies ist ein Grund, das Referendum gegen die Verschärfung des BÜPF nächstes Jahr zu unterschreiben und das Gesetz in der Abstimmung abzulehnen.

 

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