Die NSA sitzt im Bundeshaus

24. November 2013

Der Bund vergibt MiIIionen-Aufträge an Unternehmen, die mit umstrittenen US-Geheimdiensten kooperieren

VON BEAT KRAUSHAAR UND HENRY HABEGGER, Schweiz am Sonntag

Partnrinnen der US-Geheimdienste sitzen direkt an der Datenquelle im Bundeshaus. Sie liefern nicht nur Soft- und Hardware. Sie stellen nach der Installation auch Personal für den späteren Unterhalt und Wartung der Einrichtungen.

Ein Beispiel ist der US-Informatikkonzern Unisys. Er hat traditionell viele Aufträge der öffentlichen Hand, namentlich vom Bund. Die Firma hatte beispielsweise 2006 den Zuschlag für das neue Informatiksystem Insieme der Steuerverwaltung (EStV) erhalten. Unisys ist jetzt auch wieder eine der Firmen, die am Nachfolgeprojekt Fiscal-IT mitarbeiten.

UNISYS HAT ETWA das System Rumaca für das Grenzwachtkorps entwickelt. Damit können Grenzwächter Personen-, Sach- und Falldaten bis hin zu Fingerabdrücken erheben, prüfen und verwenden. Rumaca ist mit dem Fingerabdruck-Identifikations-System (Swiss Afis) beim Bundesamt für Polizei verbunden.

Unisys hat beste Kontakte zur NSA. 2008 zügelte der Konzern im US-Bundesstaat Maryland extra einen ihrer Ableger in unmittelbare Nähe der NSA, um die Zusammenarbeit mit dem Grosskunden zu intensivieren.

Alarmierend ist auch der Fall von CSC (Computer Sciences Corporation). Sie sponserte die gleichnamige Radsportgruppe, mit der Fabian Cancellara zweimaliger Paris-Roubaix-Sieger wurde. In der Welt der Geheimdienste kennt man die CSC vor allem als verlässlichen Partner für Spionagedienste. Sie arbeitet eng mit der NSA und CIA zusammen. So war CSC nachweislich in die CIA-Folterflüge und Transporte ins Gefangenenlager Guantanamo involviert.

DIE FIRMA GEHT in der Bundesverwaltung ein und aus. Auf ihrer Homepage listet sie über 10 Departemente auf, für die sie schon Computeraufträge ausgeführt hat. Darunter so sensible Bereiche wie der Geheimdienst, das Justizdepartement, Armasuisse (Gruppe Rüstung). Die Aufträge belaufen sich auf Dutzende von Millionen Franken.

Aktuell hat CSC Switzerland, über deren Aktivitäten diese Woche auch der «Tages-Anzeiger» berichtete, etwa einen 22-Millionen-Auftrag für das Projekt Asal, die Entwicklung eines Auszahlungssystems der Arbeitslosenkassen. Millionenaufträge hat CSC auch beim Arbeitslosenlnformationssystem Avam.

CSC IST AUCH IN sensiblen Bereichen in der Privatwirtschaft aktiv. Sie gibt auf ihrer Website etwa Swissgrid, die nationale Netzgesellschaft für die Stromversorgung, als Kunden an. Auch die «Zürich»-Versicherung gehört zu den CSC-Grossauftraggebern.

Ein ehemaliger NSA-Mitarbeiter sagt zur «Schweiz am Sonntag», dass die NSA Mitarbeiter von Firmen wie CSC, Unisys und Co. mit Vorliebe als Spione anheuern, weil sie Zugang zu den Geheimgemächern von Staat und Wirtschaft haben.

Alle Beteiligten weisen die Vorwürfe zurück. «CSC arbeitet bei allen Geschäften nach den Gesetzen der jeweiligen Länder», sagt Sprecher Marcel Goldstein. Unisys-Sprecher Nick Miles: «Wir betreiben unser Geschäft im Einklang mit den rechtlichen Bestimmungen der Länder, in denen wir arbeiten».

Karolina Mani, Sprecherin beim Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT), versichert, «dass Firmen, die Zuschläge beim Bund erhalten, verschiedene Sicherheitsauflagen erfüllen müssen.»

SVP-Nationalrat Thomas Aeschi sagt: «Das ist ein Problem, um das sich die Politik dringend kümmern muss.» Als mögliche Gegenmassnahmen sieht er spontan: «Der Bund muss sich überlegen, ob er in solchen heiklen Bereichen nur noch mit Preferred Suppliers zusammenarbeitet. Also mit Firmen, die er auf ihre Vertrauenswürdigkeit geprüft hat.» Die Schweizer Niederlassungen von Unternehmen, die mit ausländischen Geheimdiensten zusammenarbeiten wie CSC oder Unisys, müssten somit laut Aeschi ein verüeftes Prüfungsverfahren durchlaufen, um als Vertragspartner für Aufträge in sensiblen Bereichen infrage zu kommen.

AUCH NATIONALRAT Balthasar Glättli (Grüne) kritisiert die sorglose Auftragspraktik des Bundes. «Sogar zur Verschlüsselung ihrer Handys hat der Bundesrat eine Firma mit Kontakten zur NSA beauftragt». Für ihn stellt sich die Frage, ob der Bund nicht Unternehmungen mit engen Kontakten zu ausländischen Geheimdiensten von sensiblen

Aufträgen ausschliessen sollte. «Ich werde dazu und zu ein paar weiteren Punkten eine Interpellation einreichen», sagt Glättli. Er betont, dass sich diese Frage nicht nur für den Bund und bundesnahe Betriebe, sondern ebenso für interessante Ziele im Wirtschaftsbereich stelle.

 

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