DNA-Proben: Bundesgericht rügt Polizei

24. Dezember 2014

Vier Aktivisten stürmten vor zwei Jahren das Asylsymposium in Bern und wurden verhaftet. Das Bundesgericht kritisiert nun das Vorgehen der Behörden.

Vor knapp zwei Jahren stürmten vier Aktivisten das Asylsymposium in Bern und deponierten Mist im Vortragsraum. Sie wurden festgenommen und kamen auf den Polizeiposten. Dort wurden ihnen DNA-Proben entnommen. Das Bundesgericht kritisiert nun das Vorgehen von Polizei und Behörden.

Die vier Aktivisten hatten bei der polizeilichen Befragung jegliche Aussage verweigert, wie aus dem Bundesgerichtsurteil hervorgeht, welches der Nachrichtenagentur sda vorliegt. Die Polizei kontaktierte den zuständigen Staatsanwalt und teilte ihm mit, die Festgenommenen hätten eine Sachbeschädigung begangen und könnten für weitere Straftaten in Frage kommen.

Der Staatsanwalt ordnete telefonisch eine sogenannte erkennungsdienstliche Erfassung an. Zudem veranlasste die Kantonspolizei bei den vier Aktivisten die Entnahme einer DNA-Probe mittels Abstrichs der Wangenschleimhaut und die Erstellung von DNA-Profilen.

Gegen generelle Analysen

Die Kantonspolizei durfte die Erstellung des DNA-Profils nicht selbst anordnen, wie es im Bundesgerichtsurteil heisst. Das Gericht kritisiert eine Weisung der Generalstaatsanwaltschaft, bei Probe-Entnahmen in solchen Fällen generell die Analyse von DNA-Proben für die Erstellung eines DNA-Profils vorzunehmen. Das erweise sich «in mehrfacher Hinsicht als bundesrechtswidrig».

Das Gesetz ermögliche nicht bei jedem hinreichenden Tatverdacht die routinemässige Entnahme von DNA-Proben, geschweige denn deren generelle Analyse, schreibt das Gericht. Erforderlich sei eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls.

Das Gericht weist zudem auf die Unterscheidung zwischen DNA-Entnahme und DNA-Profil-Erstellung hin. Laut Gesetz kann die Polizei zwar eine Probe-Entnahme anordnen. Doch die Erstellung eines Profils ist von der Staatsanwaltschaft oder vom Gericht anzuordnen.

Keine Dringlichkeit

Im Übrigen durfte die sogenannte erkennungsdienstliche Erfassung nicht mündlich angeordnet werden. Hierzu fehlte die Dringlichkeit, wie aus dem Urteil weiter hervorgeht.

In zeitlicher Hinsicht sei auch die Entnahme der DNA-Probe und die Profilerstellung weder dringlich noch erforderlich gewesen. Die Ereignisse um die Aktion vom 30. Januar 2013 in Bern waren weitgehend schon abgeklärt. Die Aktivisten hatten damals gegen «die Lagerpolitik des Bundes» protestiert. Vertreter des Bundes hatten kurz davor eine gemeinsame Erklärung zur Asylpolitik verabschiedet.

Bis an das Bundesgericht war eine der vier festgenommenen Personen gelangt. Das Gericht hiess die Beschwerde der Aktivistin gut und hob das Urteil des bernischen Obergerichts auf. Die Sache wurde zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

Keine «DNA-Proben auf Vorrat»

Die Vereinigung Demokratische Juristinnen und Juristen Bern (djb) begrüsste in einer Mitteilung vom Dienstag das Bundesgerichtsurteil. Es erteile einer Datenerfassung auf Vorrat eine klare Absage.

Polizei und Staatsanwaltschaft würden DNA-Entnahmen und Profilerstellungen auch ohne genauere Einzelfallprüfung und ohne dringenden Tatverdacht anordnen, heisst es in der djb-Mitteilung.

Dies habe man etwa kürzlich an den Protesten zur Miss-Schweiz-Wahl in Bern gesehen. Die djb fordern deshalb die zuständigen Behörden auf, «ihre Praxis umgehend anzupassen».

 

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