Sicherheitskommission hat Beratung zum Nachrichtendienstgesetz unterbrochen

29. April 2014

Von Hubert Mooser, Basler Zeitung

Dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) sind seit der Fichenaffäre von 1989 die Hände gebunden. Seit damals müssen die Schweizer Geheimdienste auf die geheime Nachrichtenbeschafftung verzichten. Nun wollen Verteidigungsminister Ueli Maurer und der Bundesrat dem NDB unter Auflagen neue Instrumente in die Hand geben - zur präventiven Überwachung.

Der Geheimdienst soll künftig Telefongespräche abhören, private Räume verwanzen oder in Computer eindringen dürfen. Erlaubt wären solche Massnahmen zur Spionageabwehr, im Kampf gegen Terrorismus und Proliferation, bei drohenden Angriffen auf kritische Infrastrukturen oder zur Wahrung wesentlicher Landesinteressen. Bis jetzt sah es aus, als bringe Maurer das neue Nachrichtendienstgesetz schlank durchs Parlament.

Die Beratungen in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates (SIK-N) sind aber gestern ins Stocken geraten: «Wir haben drei Mitberichte auf dem Tisch, welche zusätzliche Abklärungen verlangen», erklärt SIK-Präsident Thomas Hurter (SVP, SH). «Der Bundesrat soll zu diesen Stellung nehmen können.» Die SIK werde das Geschäft nach der Sommersession im Juni zu Ende beraten. Die Mitberichte stammen von der Finanz- und der Rechtskommission sowie von der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel).

Wobei besonders das Papier der GPDel, welche die parlamentarische Aufsicht über die Nachrichtendienste ausübt, eine Herausforderung für die SIK-Mitglieder darstellt. Der Mitbericht ist mit 39 Seiten ungewöhnlich lang und durchleuchtet Punkt für Punkt die Schwachstellen des Nachrichtendienstgesetzes. Die Aufsichtsbehörde stellte dazu entsprechend viele Anträge.

Zahlreiche Bedenken

GPDel-Präsident, Ständerat Paul Niederberger (CVP, NW) betont, es gehe zum Beispiel um die Oberaufsicht. So müsse die Nachvollziehbarkeit der Informationsbeschaffung für die GPDel sichergestellt sein. Bei der Befragung und Anhaltung von Personen gibt die GPDel die Empfehlung ab, am jetzigen System nichts zu ändern und diese Aufgabe weiterhin der Polizei zu überlassen. Es gehe jedoch auch um die Oberaufsicht und Aufsicht in den Kantonen. Die kantonalen Geschäftsprüfungskommissionen müssten weiterhin eine Rolle bei der Oberaufsicht über ihre Staatsschutzorgane haben können.

Im Wesentlichen gehe es auch darum, dass man dort, wo sich die bisherigen Lösungen bewährt hätten, keine Änderungen vornehme, sagt SP-Ständerat Claude Janiak, der als Vertreter der GPDel den Mitbericht vor der SIK erläuterte. Das gelte für die Genehmigung sogenannter Verwaltungsvereinbarungen mit Partnerdiensten durch den Bundesrat - also um die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten. «Wir haben aber auch verfassungsrechtliche Bedenken, was die Ausdehnung der Tätigkeit des Nachrichtendienstes bei indirekten Bedrohungssituationen betrifft», sagt Janiak. «Gemeint sind damit Ereignisse wie Angriffe auf unser Wirtschaftssystem, etwa bei einer Bankenkrise.» Hier verlangt die GPDel einen Bericht,wie sich neue Kompetenzen in solchen Fällen mit der Bundesverfassung vertragen.

Die Archivierung und die Kontrolle der verschiedenen Datenbanken sind ein weiterer Punkt, den die Aufsichtsbehörde in ihrem Bericht moniert, wie Sicherheitspolitikerin und GPDel-Mitglied Corina Eichenberger (FDP, AG) der BaZ sagte. «Das sind ganz heikle Geschichten», sagt sie. Darum müsse man nun alles sorgfältig prüfen.

Heutige Gesetze reichen aus

Den Antrag, die Beratung des Nachrichtendienstgesetzes zu unterbrechen, stellte allerdings der von den Grünen in die SIK delegierte Jurist und Nationalrat Daniel Vischer. Der Zürcher Politiker ist gegen das Gesetz, «das die nachrichtendienstlichen Befugnisse ausweitet». Er gehe davon aus, dass die heutigen Gesetze genügen. «Aber selbst wenn man für einen gewissen Ausbau ist, stellen sich Fragen der verfassungsmässigen Grundlage für die Ausweitung, die parlamentarische Kontrolle, den Rechts- und Datenschutz und für die Abgrenzung und Koordination gegenüber dem Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs», kritsiert Vischer. Dieses werde im September in der Rechtskommission beraten.

Obwohl die grössten Parteien SVP und SP heute im Grundsatz ein Nachrichtengesetz unterstützen, hat Verteidigungsminister Ueli Maurer die Partie noch nicht gewonnen.

 

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