Sicherheitsleck als Gripen-Argument

19. Februar 2014

Von Beni Gafner, Newsnet

Der Gripen sei eine Voraussetzung für den 24-Stunden-Service der Schweizer Luftwaffe. Doch das ist nachweislich falsch.

Die Schweiz hatte Riesendusel. Bei der Flugzeugentführung von Montag früh schrammte die Bevölkerung nur knapp an der Katastrophe vorbei. Einziger Grund: Beim Entführer der Boeing 767-300 der Ethiopian Airlines handelte es sich um einen Kopiloten, der weiter nichts Schlimmeres im Sinn hatte, als in der Schweiz Asyl zu erhalten. Was aber, wenn es sich um einen Entführer vom Typ Muhammad Atta gehandelt hätte, einem der Entführer des ersten Flugzeugs bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA?

Die entführte Maschine aus Äthio­pien landete in Begleitung zweier französischer Kampfjets, die im Raum Montblanc zwei italienische Eurofighter ablösten, schliesslich sicher in Genf. Zuvor hatte der Entführer eine Stunde lang über Schweizer Boden gekreist und mit Genf verhandelt. Noch über Italien hatte er gedroht, sein Flugzeug zum Absturz zu bringen, sollte der ausgeschlossene Kapitän nicht aufhören, an die Cockpittür zu schlagen.

Die Medienwelt lacht

Dass die Schweizer Luftwaffe nicht bereit war, sorgte gestern für peinliche Schlagzeilen im Ausland. Von der «Washington Post» bis zur «Süddeutschen Zeitung» lachte gestern die halbe Welt über die Schweizer Luftwaffe, die nur zu Bürozeiten interventionsbereit sei. Derweil sind Verteidigungsministerium und Luftwaffe bemüht, das Problem herunterzuspielen. Die Mängel seien erkannt, leider habe bisher das Geld im Umfang von 30 Millionen Franken gefehlt, was übrigens deutlich weniger als ein Prozent des Verteidigungsbudgets ausmacht.

Um den Mangel zu beheben, dauere es noch etwa bis ins Jahr 2020. Bis Armeechef André Blattmann und Bundesrat Ueli Maurer (SVP) den Bereitschaftsgrad der Luftpolizei erhöht haben, werden also insgesamt elf Jahre ins Land gezogen sein. Denn spätestens seit 2009 und einer Motion des Obwaldner Ständerats Hans Hess (FDP) ist der Sicherheitsmangel zwischen Genfer- und Bodensee bekannt.

Der Alarm erfolgte um halb fünf

Der Grund, weshalb es so lange dauert, liegt auf der Hand: Maurer und die Armeeführung wollen das unter Umständen tödliche Sicherheitsleck als Argument im Abstimmungskampf für den neuen Kampfjet Gripen gebrauchen. So schickte Maurer bereits gestern seine Departementssprecherin Karin Suini vor, um dem Schweizer Fernsehen (SRF) klarzumachen, dass «der Kauf des schwedischen Kampfflugzeugs Gripen nur eine von mehreren Voraussetzungen für eine permanente Luftüberwachung sei».

Das ist aber nachweislich falsch. Denn die technischen Voraussetzungen für eine polizeiliche Doppelpatrouille, die rund um die Uhr alarmbereit ist, wäre mit den vorhandenen 32 Kampfjets des Typs F/A-18 und den veralteten Tigern F-5 (bei Schönwetter) sowie dem militärischen Radarsystem Florako vorhanden. Woran es mangelt, ist an den personellen Voraussetzungen (Piloten, Alarm- und Einsatzpersonal am Boden) sowie einer Verschiebung der finanziellen Mittel. Dies wäre eine Führungsaufgabe. Dazu gehört auch, dass die Alarmierung nicht mal im Rahmen der ­heutigen Organisation klappte: Seit 4.30 Uhr war die Luftwaffe darüber im Bild, dass sich die entführte Maschine der Schweiz nähert. Es geschah nichts.

 

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