Medienmitteilungen, Der Bundesrat
Bern. Mutmassliche Straftäter sollen sich nicht dank verschlüsselter Kommunikation, etwa via Internet, einer Überwachung durch die Strafverfolgungsbehörden entziehen können. Gleichzeitig soll klar festgelegt werden, welche Überwachungsmassnahmen zulässig sind und wer welche Pflichten hat, damit der moderne Fernmeldeverkehr überwacht werden kann. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Botschaft für die erforderliche Gesetzesrevision verabschiedet und ans Parlament überwiesen.
Mit der Revision werden das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) vom 6. Oktober 2000 sowie die Schweizerische Strafprozessordnung (StPO) vom 5. Oktober 2007 an die technischen Entwicklungen angepasst. Heute erschweren moderne Technologien die Durchführung einer Überwachung. Umgekehrt gibt es aber auch technisch durchführbare Massnahmen, für die eine klare gesetzliche Grundlage fehlt. Dies gilt namentlich für den Einsatz von besonderen Informatikprogrammen (Government Software, kurz GovWare), ohne die verschlüsselter Fernmeldeverkehr (z.B. E-Mails oder Internet-Telefonie) nicht überwacht werden kann.
Der Bundesrat will deshalb eine klare und zugleich restriktive gesetzliche Grundlage dafür schaffen, dass die Staatsanwaltschaften im Rahmen eines Strafverfahrens den Einsatz von GovWare anordnen können. Solche Programme werden von der Polizei in ein Datenverarbeitungssystem eingeführt, um den Inhalt der Kommunikation und die so genannten Randdaten einsehen zu können. Darunter fallen Informationen über Absender und Empfänger, Zeitpunkt, Dauer und Weg der Kommunikation.
Keine Online-Durchsuchung
Nicht zulassen will der Bundesrat hingegen die Online-Durchsuchung des Computers sowie die Überwachung eines Raums mit der Kamera oder dem Mikrofon des Computers. Zudem will der Bundesrat, dass GovWare nur zur Aufklärung von besonders schweren Straftaten eingesetzt wird, bei denen auch eine verdeckte Ermittlung zulässig wäre. Der Katalog der Straftaten, bei denen GovWare eingesetzt werden darf, soll also kleiner sein als jener für die übrige Fernmeldeüberwachung. Um eine wirksamere Verbrechensbekämpfung zu ermöglichen, wird ferner die Aufbewahrungsfrist für die Randdaten von sechs auf zwölf Monate verlängert.
Schutz der Rechte Betroffener
Verschiedene Bestimmungen garantieren auch in Zukunft den Schutz der Grundrechte betroffener Personen: Überwachungen dürfen die Behörden nicht präventiv durchführen, sondern nur im Rahmen eines Strafverfahrens. Sie müssen von der Staatsanwaltschaft beantragt und vom zuständigen Zwangsmassnahmengericht genehmigt werden. Zudem können auf unzulässige Weise gesammelte Informationen nicht als Beweise verwendet werden. Ferner kann die betroffene Person Beschwerde gegen die Überwachung einlegen.
Notsuche nach vermissten Personen und flüchtigen Straftätern
Nach geltendem Recht beschränkt sich die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs bei der Notsuche nach einer vermissten Person auf die Randdaten. In Zukunft wird es möglich sein, auch den Inhalt der Sendungen im Postverkehr sowie der Kommunikation im Fernmeldeverkehr zu beschaffen, da auch diese Informationen Hinweise auf den Aufenthaltsort der vermissten Person liefern können. Diese Massnahmen sollen künftig auch möglich sein, um nach einer flüchtigen Person zu fahnden, gegen die eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Massnahme verhängt worden ist.
Zentrale Aufbewahrung der Daten
Heute übermittelt der Dienst Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Dienst ÜPF) nach Beendigung der Überwachung die gesammelten Daten auf Datenträgern per Post an die Strafverfolgungsbehörden und löscht sie nach der Empfangsbestätigung in seinem System. Neu sollen diese Daten zentral beim Dienst ÜPF aufbewahrt werden, wo sie von den Strafverfolgungsbehörden online abgerufen werden können. Diese Neuerung drängt sich auf, weil das Volumen der Daten immer umfangreicher wird, namentlich bei Internetüberwachungen. Zudem entspricht die Übermittlung per Post den heutigen Sicherheitsanforderungen und Ansprüchen an die Datenbearbeitung nicht mehr.
Differenzierte Mitwirkungspflichten
Die gesetzlichen Bestimmungen sollen künftig nicht nur für Anbieterinnen von Post- und Fernmeldediensten - einschliesslich Internetzugangs- und bestimmte Internetdienstanbieterinnen (wie etwa E-Mail-Provider), gelten. Auch Hosting-Provider, Betreiber von Chat-Foren sowie von Plattformen zum Austausch von Dokumenten, Betreiber von firmen- oder hausinternen Fernmeldenetzen, die ihren Zugang Dritten zur Verfügung stellen (z.B. auch Hotels, Spitäler oder Schulen), sollen dem Gesetz unterstellt werden,. Die Mitwirkungspflichten werden jedoch für jede Kategorie entsprechend ihrer Tätigkeit abgestuft definiert.
Aufgrund einer umfassenden Analyse und entgegen dem umstrittenen Vorschlag, den er in die Vernehmlassung geschickt hatte, hat der Bundesrat entschieden, das aktuelle Gebühren- und Entschädigungssystem beizubehalten: Die Mitwirkungspflichtigen müssen die Einrichtungen für die Umsetzung der Überwachungsmassnahmen weiterhin selber finanzieren und erhalten eine angemessene Entschädigung für die Durchführung dieser Überwachungsmassnahmen. Die anordnende Behörde ihrerseits entrichtet dem Dienst ÜPF für dessen Dienstleistungen bei der Durchführung der Überwachung weiterhin eine Gebühr.
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